Psychobiotika gegen Angst und Depressionen beim RDS

Die meisten Leser werden bereits wissen, dass sich verschiedene probiotische Darmbakterienstämme als sehr wirksam zur Linderung der typischen Beschwerden eines Reizdarmsyndroms erwiesen haben. Aus diesem Grund werden jene Stämme sehr oft von Betroffenen via Kapsel zugeführt. Der eigentliche Mechanismus hinter ihrer Wirkungsweise liegt jedoch noch im Dunkeln: Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass nach Absetzen der Probiotika keine nachhaltige Veränderung der Darmflora stattgefunden hatte. Sie scheinen ihre unbestrittene Wirkung auf andere Weise zu entfalten.

 

Nach den Erkenntnissen über spezifische Stämme bei RDS oder zur Stärkung des Immunsystems rückt nun eine ganz neue Klasse in den Fokus der Forscher: Psychobiotika lindern u.a. Ängste und Depressionen!


Zu den häufigsten Begleiterkrankungen eines schwerwiegenden Reizdarmsyndroms gehören psychiatrische Störungen: Angststörungen (v.a. soziale und generalisierte), ein allgemein gesteigertes Erregungspotenzial und Nervosität, depressive Verstimmungen, Vermeidungsverhalten und Zwangsstörungen. Diese Krankheiten und Symptome können isoliert oder im Verbund auftreten. In einer Studie an einer großen Stichprobe von RDS- Betroffenen konnten in über 90% der Versuchspersonen psychiatrische Abweichungen gefunden werden!

 

Das ist nicht einmal sonderlich überraschend, wenn man die oft stark reduzierte Lebensqualität und v.a. die Unvorhersagbarkeit der Symptome berücksichtigt. Dem Reizdarm- Patienten fehlt eines der wesentlichsten Merkmale zum positiven Umgang mit einer chronischen Erkrankung: Kontrolle. Dies hat u.a. mit der unzureichenden Wirkung der vorhandenen Medikamente zu tun.

 

Akute Angstzustände haben nun die Eigenschaft Darmsymptome zu verstärken. Auch die meisten gesunden Menschen kennen das Grummeln im Bauch, oder plötzlichen Durchfall vor bedeutenden Prüfungen etc. Für uns Reizdarmpatienten entsteht dadurch natürlich ein Teufelskreis, der bis hin zu ausgeprägtem Vermeidungsverhalten führt: keine fremden Restaurants, keine spontanen Ausflüge, keine Bus- und Bahnreisen.

Um diesen Teufelskreis aufzubrechen suchen die Betroffenen nach Mitteln und Wegen ihre psychische Instabilität zu verbessern. Als erfolgreiche Mittel gelten heute v.a.:

 

  • Kognitive Verhaltenspsychotherapie
  • natürliche und chemische Antidepressiva und Angstlöser
  • Bewegungstherapie
  • Entspannungsverfahren/Meditation

 

Jetzt können diese Methoden vielleicht bald um ein weiteres Verfahren ergänzt werden ...

 

In ihrem Beitrag aus dem November 2013 prägten Dinan und Kollegen den Begriff Psychobiotika. Dieser steht für eine Gruppe von Probiotika, die sich vor allem positiv auf psychiatrische Erkrankungen oder psychologische Symptome körperlicher Erkrankungen auswirken. In zahlreichen Kleintierstudien konnte diese angstlösende und stimmungsaufhellende Wirkung bereits gezeigt werden. Diese erwünschten Effekte, so spekulieren die Wissenschaftler, könnten vor allem über den Vagusnerv oder die neuroendokrinen Systeme vermittelt werden.

 

Am Menschen wurden die Psychobiotika hauptsächlich in einer Liaison mit dem Reizdarmsyndrom, oder dem so genannten Chronic Fatigue Syndrome getestet.

 

Messaoudie und Kollegen zeigten bspw. eine positive Wirkung von Lactobacillus helveticus und Bifidobacterium longum auf stressinduzierte Darmsymptome. Später erreichten sie mit der selben Kombination eine deutliche Reduktion von Angst und Depression auf verschiedenen Skalen, sowie das Absinken des Stresshormons Cortisol.

 

Die an den Untersuchungen beteiligten Forscher hoffen darauf, dass Psychobiotika in Zukunft als begleitende Stütze bei der Psychotherapie eingesetzt werden können, denn im Gegensatz zu den meisten Psychopharmaka verfügen sie über keine bekannten Nebenwirkungen.