Gestern habe ich mein schon routinemäßiges halbjährliches Wasserfasten begonnen. Die ersten zwei bis drei Tage fallen mir dabei meist sehr schwer, gerade wenn ich, wie aktuell, zum Jahresanfang
beginne und Schnee und Kälte es mir noch etwas unangenehmer gestalten. Insgesamt werde ich wohl wieder 14-21 Tage nur Wasser konsumieren.
Die meisten Menschen, die mich und meine Arbeit gut kennen, sind oft sehr verwundert, wenn sie erfahren, dass ich faste. Das erwarten sie eher von Vertretern der Alternativmedizin und nicht von
Leuten, deren Leidenschaft die klinische Datenlage ist. Aber damit unterschätzen sie das Fasten. Dieses ist nämlich keineswegs nur spirituelle Erweiterung etc.
Wie kann Fasten dem Reizdarm helfen?
Zuerst einmal muss ich betonen, dass es meines Wissens nach nur eine Studie zum Thema Fasten und Reizdarmsyndrom gibt. Allerdings finden sich sehr viele positive Berichte von entsprechenden
Kliniken etc. Über deren Seriösität kann ich aber leider nicht allzuviel sagen, da sich die meisten in den USA befinden. Es ist auch nicht geklärt, warum Fasten bei einem Reizdarmsyndrom
wirkt. Dies könnte neben der induzierten Autophagie (Abbau und Verwertung von fehlgestalteten Proteinen, Organellen etc. durch die Zelle selbst; vor allem neuronal) vor allem am Einfluss
auf das menschliche Mikrobiom (die Darmflora) liegen.
Wir wissen heute, dass viele probiotische Darmbakterien hochkompetitiv sind. Steht den Spezies nur sehr wenig oder keine Nahrung zur Verfügung, setzen sich die für den Menschen nützlichen
Bakterien im Überlebenskampf durch. Bei Reizdarmpatienten wurde eine fehlbesiedelte Darmflora in vielen Untersuchungen repliziert: Ihnen fehlen bis zu 250 Bakterienstämme, welche beim Gesunden
vorhanden sind. Einige (vor allem Histamin-, Wasserstoff- und Methanproduzierende) Arten sind dabei übermäßig vorhanden und verdrängen die probiotischen Spezies noch weiter.
Die Idee einer 14-21 tägigen Elementardiät gegen
Dünndarmfehlbesiedlung beruht genau auf diesen Überlegungen. Wenn ein Aushungern mittels vorverdauter Nahrungsbestandteile funktioniert, dann tut dies das Wasserfasten mindestens genauso
effektiv, allerdings ohne den massenhaften Einsatz von Traubenzucker etc. Augenscheinlich scheint das Wasserfasten die schwierigere Methode, als die Elementardiät, da dabei auf jegliche
Nährstoffe verzichtet wird. ABER: Jeder der schon einmal eine Elementardiät über mehrere Wochen durchgezogen hat weiß auch, dass der Hunger bei einer solchen Kost eigentlich nie verschwindet.
Beim Fasten geht es einem schon nach einigen Tagen wieder besser und es können keine negativen Reaktionen auf die recht hohe Fett- bzw. Zuckermenge auftreten.
Eine Studie zum Thema Fasten und Reizdarm
Kanazawa und Fukudo (2006) untersuchten die Effekte von Wasserfasten auf 36 Reizdarmpatienten, welche trotz Basistherapie über mittlere bis starke Beschwerden klagten. 22 weitere Patienten, welche ebenfalls unter oben genannten Beschwerden litten, wurden hingegen mit Psychotherapie und Medikamenten behandelt. Vor der Intervention unterschieden sich beide Gruppen nicht bzgl. ihrer Symptomscores, was sich allerdings nach 10 Tagen Fasten und 5 Tagen langsamen Kostaufbaus ändern sollte ...
Während Medikamente und Psychotherapie lediglich Bauchschmerzen und Unwohlsein verbesserten, berichteten die Patienten nach der Fastenerfahrung hingegen auch zusätzlich von Verbesserungen bei
Durchfall, Schwindel und bspw. auch Angsterleben!
Die Autoren schließen, dass Fasten eine kostengünstige und effektive Therapie für Patienten mit hartnäckigem Reizdarmsyndrom sein kann. Sie fordern deshalb weitere Untersuchungen zu dem Themenkomplex, welche aber bis heute nicht realisiert wurden.
Wer sollte Fasten probieren?
Fasten ist besonders günstig für Patienten mit therapieresistenten Beschwerden, d.h. Betroffene welche nicht auf bspw. eine FODMAP- Diät und Probiotika ansprechen. Weiterhin profitieren
Patienten, welche bei sich das Vorliegen einer Dünndarmfehlbesiedlung vermuten oder bereits bestätigt bekommen haben und Betroffene mit chronisch aktiven Infektionen, welche eine immer größere
Rolle beim Reizdarm zu spielen scheinen.
Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass die Konstitution des Fastenden stimmt. Bereits untergewichtige Personen sollten sich nicht am Fasten versuchen. Gleiches gilt für Betroffene mit
Mangelernährung bzw. ernsthaften Nährstoffdefiziten.
Sollten Sie länger als 7 Tage fasten wollen, sollten Sie mit einem geschulten Arzt oder Therapeuten zusammenarbeiten.