Aktuell betreue ich wieder einmal eine sehr nette Klientin, welche erst einmal entsetzt über meine klassische (recht fleischlastige) Einführungsdiät war. Letztere nutze ich gern, da sie nahezu
alle FODMAPs (darunter auch Laktose und Fruktose), sowie zahlreiche potenzielle Allergene eliminiert. Weiterhin ist sie bei sachgemäßer Gestaltung arm an Histamin und meistens reagieren auch
Patienten mit einer Dünndarmfehlbesiedlung positiv. Bei Zunahme der Probleme unter dieser Kost kann ich von einer mangelnden Fettabsorption ausgehen. Die Intro- Diät ist also viel mehr als ein
therapeutisches Werkzeug. Sie ist auch ein Mittel zur Diagnosefindung.
Der Grund für das Erschrecken meiner Klientin war aber der Umstand, dass sie bereits mehrere Jahrzehnte lang vegetarisch gelebt hat, so wie schon viele Klienten vor ihr. Gibt es da evtl. einen
Zusammenhang?
Vegetarier, Veganer = Reizdarm- Betroffener?
Es gibt keine quantitativen Studien dazu, wie hoch der Anteil der Vegetarier und Veganer an der Gesamtheit der Reizdarmbetroffenen ist. Ich und viele andere Praktiker haben jedoch beobachtet,
dass ihr Anteil unter unseren Patienten und Klienten deutlich höher ist, als der der Vegetarier und Veganer in der Gesamtbevölkerung. Wenden sich diese oft sehr gesundheitsbewussten Frauen und
Männer nur häufiger an uns Therapeuten, oder gibt es da wirklich einen kausalen Zusammenhang?
Grund 1: Mehr FODMAPs
In einer vegetarischen oder veganen Diät fehlen natürlich die gänzlich FODMAP- freien Lebensmittel (alle Fleischsorten, Fisch, bei Veganern auch Eier, Hartkäse, laktosefreie Milchprodukte
etc.), was sehr häufig durch einen Mehrkonsum an FODMAP- reichen Ersatzprodukten erkauft wird (Weizen, Roggen, Dinkel, Sojaprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse usw). Gerade viele als besonders gesund
geltende Lebensmittel, die von Pflanzenköstlern oft in großén Mengen und meist auch roh verspeist werden (Äpfel, Zwiebeln) sind wahre FODMAP- Bomben.
Wer sich nicht schon auf unserem Portal eingelesen hat sollte wissen, dass FODMAPs kurzkettige und schnell fermentierbare Kohlenhydrate sind, welche zu Fermentations- und osmotischen
Prozessen führen. Durchfall, Blähungen und Darmkrämpfe sind die unschönen Folgen. Eine FODMAP- arme Diät hingegen hilft Reizdarmpatienten in zahlreichen klinischen Studien ihre Beschwerden zu
kontrollieren.
Grund 2: Potenzielle Allergene
Die verbreitetsten Nahrungsmittelallergene sind Erdnüsse (Hülsenfrucht), richtige Nüsse, Milch, Ei, Weizen und Soja. Gerade Nüsse, Soja- und Weizenprodukte werden sehr häufig von Veganern als
alternativer Eiweißlieferant genutzt. Ovo- Lacto- Vegetarier hingegen verspeisen oft größere Mengen an Milchprodukten und Eiern.
Gerade Pflanzenköstler mit höheren sportlichen Ambitionen suchen immer wieder Rat aufgrund ihrer Darmprobleme. Schaut man sich allerdings einmal den Ernährungsplan eines veganen Kraftdreikämpfers
an, dann ist es nicht verwunderlich, dass viele dieser Verdauungssysteme letztlich in die Knie gezwungen werden (Glutenschnitzel, Tofu und dazu noch Linsen, Nüsse, Hanfsamen).
Grund 3: Omega- 6- Fettsäuren
Wir wissen heute, dass Omega- 6- Fettsäuren proentzündlich wirken, während Omega- 3- Fettsäuren Entzündungen senken können. Entscheidend ist neben der Höhe der Zufuhr das Verhältnis zwischen
diesen beiden Vertretern. Den Großteil der Omega- 6- Fettsäuren holen wir Menschen uns leider immer noch aus minderwertigen Pflanzenölen. Dazu kommen natürlich Getreideprodukte und bei
Vegetariern und Veganern oft ein sehr hoher Konsum an Nüssen und Samen. Omega- 3- Lieferanten wie Hering, Makrele oder Lachs fehlen dagegen häufig ganz.
Beim Reizdarm spielen neben anderen pathophysiologischen Faktoren Mikroentzündungen eine große Rolle. Für die großen Geschwister des Reizdarms Morbus Crohn und Colitis ulcerosa konnte inzwischen
gezeigt werden, dass ein gutes Verhältnis der Omega- Fettsäuren stark protektive Wirkung hat.
Was ist zu tun?
Es ist mir wichtig zu betonen, dass dies keine Hetze gegen den Vegetarismus sein soll. Ich selbst habe lange Zeit vegetarisch (mit veganen Zügen) gelebt. Doch auch mir ging es in dieser Zeit
erheblich schlechter. Die ethischen Überlegungen respektiere ich aber auf jeden Fall.
Zu fragen ist aber, ob es sich lohnt, dass man sich selbst Schaden zufügt, um seine ethischen Überzeugungen vor sich selbst rechtfertigen zu können? Ich persönlich habe diese Frage für mich
verneint und Grundsätze festgelegt, mit denen ich gut leben kann (BIO, Freilandhaltung, Wildfang etc). Wenn es Ihnen mit einer vegetarischen oder veganen Ernährung schlechter geht, dann sollten
Sie vor allem die oben geschilderten Punkte überprüfen.
Entfernen Sie stark FODMAP- reiche Lebensmittel aus Ihrem Speiseplan!
Testen Sie evtl. Nahrungsmittelallergene durch eine zeitweise Ausschlussdiät!
Eliminieren Sie alle Pflanzenöle, bis auf Olivenöl, und reduzieren Sie Ihren Nuss-/Kernverzehr!
Überlegen Sie, ob zweimal wöchentlich frischer Seefisch für Sie vertretbar wäre.
Achten Sie auf eine ausreichende Versorgung mit allen Mikronährstoffen.
Im nächsten Teil möchte ich mich dann mit einem Gegenargument beschäftigen und u.a. zwei Studien anführen, welche positive Effekte auf den Magen- Darm- Trakt zeigen.