Können Stuhltransplantationen einen Reizdarm verursachen?

Können Sie sich vorstellen, wie man einer Labormaus schnell und effizient das ohnehin recht fragwürdige Leben ruinieren kann? Ich bin sicher, dass Ihnen als RDS- Patienten da etwas fieses einfällt. Sie kennen gemeine Schmerzen, quälenden Durchfall und noch so einige andere Symptome, die das Leben unnötig erschweren. Nehmen wir also an, wir wollen dieser armen kleinen Kreatur einen Reizdarm verpassen. Wie tun wir das schnell und effizient?

 

a) Wir setzen das Tierchen chronischem Stress aus (bspw. Elektroschocks).

b) Wir füttern der Maus eine Diät aus Kartoffelchips, Gluten und Cola.

c) Wir geben ihr eine Stuhltransplantation aus UNSEREM EIGENEN Darm.

 

Auch wenn ich mich durch das Großschreiben sicherlich schon verraten habe: Wahrscheinlich werden alle drei Methoden irgendwann zum Ziel führen. C) ist allerdings die sicherste Methode. Dazu möchte ich Ihnen gern zwei Studien vorstellen, welche erneut den enormen Einfluss unserer Darmflora auf den Reizdarm belegen.

 


Ratten mit hypersensitivem Darm

Crouzet und Kollegen (2013) arbeiteten mit speziell gezüchteten Ratten, welche über keine Darmflora verfügen ("germ- free- rats"). Sie pflanzten einigen der Ratten Stuhlproben von Reizdarmpatienten ein, anderen wiederum Proben gesunder Menschen. Als weitere Kontrollgruppe dienten natürliche Ratten.

Die Besonderheiten der reizdarmtypischen Darmflora (wenig Bifidobakterien, mehr Enterobactericeae) blieben im Rattendarm dabei erhalten.


Jene Ratten, welche die Flora eines RDS- Patienten erhalten hatten, zeigten deutlich mehr Darmkontraktionen bei Dehnungsreizen. Die für den Reizdarm typische Hypersensitivität wurde also mit der Darmflora übertragen.


Ratten mit Durchfall und Leaky Gut

De Palma und Kollegen zeigten 2014 etwa ganz ähnlich erstaunliches. Sie verpassten einer Gruppe "germ- free- rats" eine Stuhltransplantation von Reizdarm- Betroffenen. Dieses Mal handelte es sich allerdings nur um Teilnehmer mit dem Subtyp Reizdarm- D(urchfall). Andere Ratten erhielten wie bereits in der ersten Studie eine Transplantation mit dem Stuhl gesunder Personen. Was glauben Sie, was geschah? Richtig!


Die Ratten mit der geschädigten RDS-Darmflora zeigten eine signifikant schnellere Transitzeit des gesamten Gastrointestinaltraktes UND eine gesteigerte Permeabilität der Darmwand ("Leaky Gut").


Was wir daraus lernen können

Auch wenn noch nicht wirklich bekannt ist, wie die Darmflora für diese Effekte sorgt, so zeigen diese Studien einmal mehr die enorme Wichtigkeit der Darmflora für unser Krankheitsbild. Die Haupteinflussfaktoren auf diese sind uns ebenfalls wohlbekannt: Ernährung, Stress, Bewegung, Antibiotika und andere Medikamente, Geburtsmethode etc. An einigen dieser Stellschrauben können wir sehr wohl drehen! Dafür gibt es ja letztendlich diese Seiten. ;)

 

Auf der anderen Seite möchte ich aber auch darauf hinweisen, dass eine Stuhltransplantation vielleicht durchaus auch negative Folgen haben kann, vor allem wenn man den Spender nur unzureichend prüft und nicht gut auswählt. Natürlich sind Sie keine "germ- free- rat" und solche Ergebnisse lassen sich nicht einfach auf den Menschen übertragen, aber man sollte sie bei seinen Entscheidungen im Hinterkopf behalten. Wir könnten uns sonst "germs" holen, die wir sicherlich nicht haben möchten ...


Es scheinen also grundsätzlich beide Wege zu funktionieren: Eine Spende gesunder Darmflora kann schwere Krankheiten wie pseudomembranöse Kolitis (durch C. diff.) heilen, aber eine Spende "pathologischer" Darmflora kann zu Krankheiten und Fehlfunktionen führen. Letzteres wurde übrigens auch für psychiatrische Phänomene (Angst und Depressionen) an Mäusen gezeigt.