Let´s get ready to ruuumble: Hypnose vs. Low-FODMAP

Hypnose oder low-FODMAP-Diät: Was hilft besser beim Reizdarmsyndrom?
Bild: pepsprog via pixelio.de

Vielleicht haben Sie es als regelmäßiger Leser schon mitbekommen? Ich sehne mich im Dschungel der wissenschaftlichen Versuche nach klaren Systematiken. Welches Konzept hilft den meisten Reizdarmpatienten? Gibt es eine Ernährungsumstellung, welche besser für Durchfall geeignet ist, während eine andere vielleicht eher bei Blähungen hilft? Solche Fragen kann man generell toll durch komparative bzw. vergleichende Studien beantworten, aber daran mangelte es in den vergangenen Jahren leider noch.

Umso größer war dann der Schreck, als eine schwedische Studie zeigte, dass die low-FODMAP-Diät (bis heute immer noch wahnsinnig erfolgversprechend in wissenschaftlichen Untersuchungen) den klassischen Ernährungsempfehlungen beim Reizdarm nicht überlegen war. Hatte man die Möglichkeiten der low-FODMAP-Ernährung über-, oder eher den Nutzen einer klassischen Ernährungsberatung unterschätzt? Auf jeden Fall verschob das Ergebnis das Augenmerk der Forscher auch auf andere Mechanismen.

 

Vor kurzem erschien ebenfalls eine tolle klinische Arbeit, welche unsere Aufmerksamkeit erregte. Es ging darin um nicht weniger, als um den Kampf zwischen Körper und Seele, Biologie und Unterbewusstsein, Materie und Geist ... Nun gut, ganz so dramatisch war es nicht, aber die Forscher verglichen die Auswirkungen der Bauchhypnose mit denen einer low-FODMAP-Diät auf Patienten mit einem Reizdarmsyndrom. Da wir mit beiden Methoden arbeiten, waren wir natürlich besonders gespannt auf das Ergebnis.

 

 


Kurzvorstellung der Kontrahenten

 

Bei der Kampferfahrung hat die Bauchhypnose klare Vorteile. Dadurch, dass das Reizdarmsyndrom lange Zeit als psychosomatische Erkrankung begriffen wurde, experimentieren Psychotherapeuten und Ärzte schon entsprechend lange mit Psychotherapie und Hypnose. Hingegen wurde das FODMAP-Konzept erst um die Jahrtausendwende entwickelt.

Bei der Kampfkraft scheinen sich beide Gegner allerdings kaum etwas zu schenken. In großangelegten Studien halfen beide ca. 3 von 4 Patienten mit dem Reizdarmsyndrom verschiedenste Symptome zu lindern.

Die Schwächen und potenziellen Angriffspunkte unterscheiden sich jedoch signifikant. Während eine low-FODMAP-Diät mitunter stark in den Alltag eingreift (glutenfreie und laktosefreie Produkte -> Preis, nicht überall problemlos verfügbar) und mit langfristiger Befolgung eine ungünstige Wirkung auf das Mikrobiom haben könnte (starke Reduzierung u.a. von Bifidobakterien), ist die Bauchhypnose quasi nebenwirkungsfrei. Allerdings ist es mitunter sehr schwierig, einen ausgebildeten Therapeuten zu finden und die Kosten müssen meist selbst übernommen werden.

 

Im Gegensatz zu vielen anderen Ansätzen sind beide Methoden also hocheffektiv und weisen nur geringe bis marginale Nebenwirkungen auf.

 

 

Die Kampfbedingungen

 

Peters und Kollegen (2016) ordneten Reizdarmpatienten per Zufallsgenerator entweder der Hypnotherapie, einer low-FODMAP-Diät oder einer Kombination aus beiden Verfahren zu. Gemessen wurden die Verbesserungen des allgemeinen Symptomscores (visuelle Skala und Score), die Lebensqualität und verschiedene psychiatrische Skalen. Nachtestungen fanden nach sechs Wochen Intervention und ein halbes Jahr danach (als Langzeitbeurteilung) statt.

 

 

Der Sieger

 

  • Die mittleren Symptomscores verbesserten sich innerhalb der sechs Wochen in den drei Gruppen annähernd gleich (Hyp: -33; FODMAP: -30; Kombi: -36).
  • knapp 3/4 der Patienten erreichten das Interventionsziel (72% vs. 71% vs. 72%)
  • Diese Verbesserungen waren in einem Großteil der Fälle Langzeiterfolge (am besten schnitt dabei low-FODMAP ab, gefolgt von Hypnose).
  • Die Hypnosegruppe erzielte zusätzlich deutliche Verbesserungen bei den psychiatrischen Symptomen (Angst, Depressivität)
  • Die Lebensqualität verbesserte sich annähernd gleich stark.

 

Ergebnis: ein klassisches Patt. Es profitierten annähernd gleich viele Patienten mit ähnlichen Verbesserungen der Symptomatik. Zeigte die Hypnose zusätzliche Effekte im psychiatrischen Bereich, verfügte die low-FODMAP-Diät über eine geringfügig bessere Langzeitwirkung.

 

 

Geist vs. Materie?

 

Besonders interessant finden wir, dass solche Arbeiten den ganzheitlichen Zusammenhang beim Reizdarmsyndrom schildern. Zur Erinnerung: Die Gruppen waren demographisch annähernd gleich und wurden nicht nach Punkten wie Angstscores etc. ausgewählt. Dennoch profitierten 3 von 4 RDS-Patienten mittels Hypnose oder low-FODMAP-Diät. Ein Entspannungs- bzw. Psychotherapieverfahren zeigte also die gleichen Effekte wie eine rein biochemische Intervention (Diätetik).

 

Es ist also sinnvoll seinen Therapiefahrplan anhand von Fragen zu strukturieren:

 

  1. Ist ein erfahrener Hypnotherapeut vorhanden?
  2. Kann ich mir die Sitzungen leisten bzw. werden diese finanziert?
  3. Habe ich psychische Begleitbeschwerden?
  4. Arbeite ich lieber auf eigene Faust?
  5. Kann ich eine Ernährungsumstellung sinnvoll in meinen Alltag integrieren?

 

Wir wollen mehr solcher Vergleichsstudien. Wie wäre es denn einmal mit low-FODMAP vs. SCD oder glutenfreie Kost vs. Spasmolytika?