Auf dieser Seite finden Sie einen Überblick über Aufbau und Funktionsweise der menschlichen Darmflora. Dieses Thema ist sehr komplex und deshalb fällt bereits ein kurzer Einblick etwas länger
aus, als bei unseren anderen Themen. In den Unterkategorien finden Sie dann wie gewohnt konkretere Hinweise zu einzelnen Therapiemöglichkeiten.
Als menschliche Darmflora wird die Gesamtheit der Mikroorganismen bezeichnet, welche den menschlichen Darm bevölkert.
Dabei erfüllen die Mikroorganismen wichtige gesundheitliche Funktionen für unseren Organismus:
Immunmodulation
Versorgung mit Vitaminen (bspw. B12, K)
Versorgung der Darmschleimhaut mit Energie
Anregung der Darmperistaltik
Produktion kurzkettiger Fettsäuren
Detoxifikation von Stoffen, die dem natürlichen Ökosystem fremd sind
Das Verhältnis von Mikroorganismen und Mensch ist also mutualistisch. Beide Spezies profitieren letztendlich von ihrer Symbiose! Die Darmbakterien leben von der durch den Menschen zugeführten Nahrung, während die Mikroorganismen für ein gesundes menschliches Individuum unerlässlich sind. Wir sind im Laufe der Evolution mit unseren winzigen Mitbewohnern zu einem großen Ganzen verschmolzen. Etwas forsch formuliert eine menschliche Hülle mit einem ultimativ komplexen Innenleben!
Wenn wir das Licht der Welt erblicken, ist unser Darm erst einmal steril. Kurz nach der Geburt können dann bereits Escherichia coli, Enterobakterien und Streptokokken nachgewiesen werden. Bei Stillkindern wird der Darm danach hauptsächlich mit milchsäureproduzierenden Bakterien (Laktobazillen und Bifidobakterien) bevölkert.
Interessant ist dabei, dass diese Bakterienarten zu einer Ansäuerung des Darmmilieus führen und es somit pathogenen Bakterien erschweren, sich anzusiedeln. Mit Flaschennahrung gefütterte Kinder kommen hingegen nicht in den Genuss dieser protektiven Funktion. Ihre Darmflora gleicht der eines erwachsenen Menschen.
Bei letzterem besteht das komplexe Ökosystem dann hauptsächlich aus anaeroben Bakterien mit einer Gesamtzahl von 10 bis 100 Billionen. Inzwischen geht man von bis zu 1.800 verschiedenen Gattungen mit nochmals bis zu 36.000 Unterarten aus.
Das menschliche Habitat umfasst aber mindestens 500 bis 1.000 Arten. Diese Zahl kann allerdings bei bestimmten Krankheiten stark vermindert sein.
Die Gesamtmasse der Mikroflora beträgt mehrere hundert Gramm.
Der Großteil befindet sich dabei im dicht besiedelten Dickdarm, während beim gesunden Menschen der Dünndarm verhältnismäßig spärlich besiedelt ist (Ausnahme: krankhafte Dünndarmfehlbesiedlung).
Insgesamt bevölkern damit zehn Mal mehr Mikroorganismen unseren Darm, als der Körper über menschliche Zellen verfügt!
Die Darmflora ist an der Abwehr von Krankheitserregern entscheidend beteiligt und beeinflusst auch das Immunsystem.
Durch den bakteriellen Abbau von für den Menschen unverdaulichen Kohlenhydraten (Ballaststoffen) kommt es zur Bildung von kurzkettigen Fettsäuren. Diese haben erhebliche gesundheitsförderliche Eigenschaften. So wurde beispielsweise eine verminderte Konzentration von Buttersäure (ein Vertreter jener kurzkettigen Fettsäuren) bei Darmkrebspatienten beobachtet. Weiterhin regt die Buttersäure die Darmperistaltik an und dient den Epithelzellen des Dickdarms als Energiequelle.
Die Darmflora hat auch Auswirkungen auf unser Körpergewicht. Schon vor vielen Jahren wurde festgestellt, dass sich die Darmflora von dünnen und übergewichtigen Menschen unterschied. Als Wissenschaftler die Darmflora übergewichtiger Mäuse in den Darm von bis dahin mikroorganismenfreien Mäusen transplantierten, nahmen diese zu, obwohl die Nahrungszufuhr gedrosselt wurde!
Verantwortlich ist der Stamm Firmicutes, welcher in übergewichtigen Tieren und Menschen stärker vertreten ist. Berichte von zahlreichen Klienten, welche klagten, dass sie immer weiter zunähmen, obwohl sie durch ihre Beschwerden nur noch sehr wenig aßen, scheinen dadurch eine Erklärung zu finden.
Durch ihre bloße imposante Menge verhindern die natürlich konzentrierten Darmbakterien ein Überwuchern pathogener Keime. Deshalb kann nach Antibiotikagaben regelmäßig die pseudomembranöse Kolitis, ausgelöst durch Clostridium difficile, beobachtet werden.
Die geschädigte Darmflora
Eine so genannte Fehlbesiedlung oder Dysbiose der Darmflora kann sich auf drei verschiedene Arten manifestieren:
Überbesiedlung
Unterbesiedlung
Veränderte Zusammensetzung
Fehlbesiedlungen können grundsätzlich den Dünndarm, den Dickdarm, oder beide gleichzeitig betreffen. Allgemeinere Symptome einer Fehlbesiedlung sind Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen, Infektanfälligkeit und die Neigung zu Lebensmittelunverträglichkeiten.
Doch diese unspezifischen Symptome sind erst der Anfang! So konnten Wissenschaftler bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und dem Reizdarmsyndrom eine veränderte Darmflorazusammensetzung mit fehlenden oder verminderten Bakterienstämmen nachweisen.
Bei verschiedenen Immunkrankheiten besteht ein Zusammenhang zwischen der Verschlechterung der Darmflora und der Einnistung der chronischen Erkrankung. Deshalb wird derzeit die Rolle der Darmflora bei chronisch- entzündlichen Erkrankungen, Diabetes und Allergien intensiv beforscht.
Weiterhin bestehen, wie bereits erwähnt, Rückwirkungen auf das Immun- und dadurch letztendlich auch das Nervensystem. Bei Mäusen bestimmte die Zusammensetzung der Darmflora im Tierversuch beispielsweise die Intensität von Angstreaktionen und Fluchverhalten.
Auch auf den Zusammenhang mit depressiven Verstimmungen und einigen Formen des Autismus wird immer wieder seitens der Wissenschaftler hingewiesen.
Eine Dysbiose kann also nicht nur ausschließlich für Verdauungsbeschwerden ursächlich sein. Leider sind die Mechanismen noch nicht ausreichend erforscht und in einigen Bereichen tappen die Forscher noch vollständig im Dunkeln.
Dennoch kann man bereits heute festhalten, dass eine gesunde Darmflora Darmpatienten in mehrfacher Hinsicht entgegen kommt, denn der enge Zusammenhang von
Darmkrankheiten, einer pathologisch veränderten Darmflora und typischen Komorbiditäten (Übergewicht, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, depressive Verstimmungen, Angststörungen, Übergewicht,
veränderte Immunantworten und entzündliches Milieu) ist ,mehr als augenscheinlich.