Das Chronische Erschöpfungssyndrom bzw. die Myalgische Enzephalomyelitis (CFS/ME) SIND heilbar! (Sagt die moderne Forschung.)

Herzlich willkommen, ihr wunderschönen Menschen da draußen vor dem Bildschirm! Auch heute freue ich mich wieder, meine lieben und zahlreichen Mitstreiter im Kampf gegen die gesundheitlichen Plagen der Moderne hier in meiner Kammer der medizinischen Wunderkuren und okkulten Heilmethoden begrüßen zu dürfen. 

Schließlich werden wir auch im heutigen Artikel ein mit Sicherheit von den Ärzten und Betroffenen kontrovers diskutiertes wissenschaftliches Feld bespielen. Es soll tatsächlich um nicht weniger als die Möglichkeit der Heilung (oder etwas konservativer ausgedrückt: das Erreichen einer klinischen Remission = Symptomfreiheit) des Chronischen Erschöpfungssyndroms bzw. der Myalgischen Enzephalomyelitis (CFS/ME) gehen. Dafür werden wir uns in den folgenden Absätzen vor allem auf die wissenschaftlichen Arbeiten um Professor Dr. Michael Maes (aktuell forschend tätig in Thailand und Australien) fokussieren. 

 

Dr. Maes ist ein Pionier der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Chronischen Erschöpfungssyndrom. So beschrieb er 2015 eine bedeutende Subgruppe von an CFS/ME-Erkrankten unter dem Akronym "NIOF" (Neuro-Inflammatory and Oxidative Fatigue). Als erklärter Gegner der Theorien und Verfechter der hochkontroversen PACE-Studie samt ihrer dramatischen Folgen für Patienten mit CFS/ME etablierte Maes als einer der ersten Wissenschaftler externe Kriterien (sog. Biomarker) für die Erkrankung auf der Grundlage neuroimmunologischer und (mikro-)entzündlicher Prozesse und oxidativer und nitrosativer Stressoren. 

In zahlreichen klinischen Studien bestätigten Maes und seine Kollegen dieses Modell und erreichten u.a. durch die ernährungstherapeutische Absenkung der neuro-entzündlichen und oxidativen Last beachtliche Erfolge bei der Behandlung des Chronischen Erschöpfungssyndroms bzw. der Myalgischen Enzephalomyelitis bis hin zum Erreichen der klinischen Remission, sprich Symptomfreiheit

 

Inhaltsverzeichnis: Was du in diesem Artikel lernen wirst.

  1. Welche enormen Hürden mit den Symptomen des Chronischen Erschöpfungssyndroms einhergehen.
  2. Warum Ärzte immer noch an der Erkrankung CFS zweifeln, die Patienten "psychologisieren" und die Möglichkeit einer Heilung verneinen.
    1. Von Kaninchen, Mäusen und fehlender Konstruktvalidität: Warum CFS-Patienten nicht immer CFS-Patienten sind und was daraus folgt.
  3. Was hingegen führende Wissenschaftler über CFS/ME und deren biologische Pathomechanismen zu sagen haben.
    1. Entzündungen und Immunsystem
    2. Oxidativer und nitrosativer Stress
    3. Mitochondriale Dysfunktion
    4. Anstrengungs- bzw. Aktivitätsintoleranz
    5. Gestörte Darmbarriere und bakterielle Translokation
    6. Autonome Dysfunktion
    7. Kognitive Dysfunktion
  4. Wie das Chronische Erschöpfungssyndrom mit dem modernen Lebensstil, dem Reizdarm, dem Mastzellaktivierungssyndrom und anderen Erkrankungen zusammenhängt.
  5. Wie Professor Dr. Michael Maes langjährigen CFS/ME-Betroffenen bei der deutlichen Linderung ihrer oder sogar Befreiung von ihren quälenden Beschwerden half. 
  6. Wie du selber unkompliziert überprüfen kannst, ob du zur Subgruppe "NIOF" (neuro-entzündliche und oxidative Erschöpfung) gehörst und von der vorgeschlagenen Therapie profitieren könntest. 
  7. Welche Schritte du anwenden musst, um deine Erschöpfung zu lindern (Protokoll nach Studien von Maes).
    1. Obligatorische NAIOs zur Stärkung/Regeneration der Darmbarriere
    2. Fakultative NAIOs zur Entzündungshemmung und Mitochondrienregulation
    3. Diätetische Maßnahmen zur Regeneration der Darmbarriere

 

Auf dem Weg in eine bessere Zukunft: Das Chronische Erschöpfungssyndrom IST heilbar, da zumindest eine Subgruppe der Patienten über klar umrissene biologische Pathomechanismen verfügt, welche einer Behandlung zugänglich sind!
Auf dem Weg in eine bessere Zukunft: Das Chronische Erschöpfungssyndrom IST heilbar, da zumindest eine Subgruppe der Patienten über klar umrissene biologische Pathomechanismen verfügt, welche einer Behandlung zugänglich sind!

Das Chronische Erschöpfungssyndrom: Eine harte und undankbare Erkrankung

Sehen wir der Wahrheit ins Auge: Das Chronische Erschöpfungssyndrom (engl. Chronic Fatigue Syndrome - CFS) gehört zu den härtesten und undankbarsten Erkrankungen, von denen man in unserer heutigen Welt befallen werden kann. Daran gibt es einfach nichts zu beschönigen. Die symptomatischen Auswirkungen können mitunter so heftig sein, dass die Betroffenen kaum noch ihr Bett oder die eigene Wohnung verlassen können. Sehr viele von ihnen sind deshalb sozial isoliert, viele durch Erwerbsunfähigkeit sozioökonomisch schwer getroffen (Collin et al.,2015).  Allerdings werden diese enormen Konsequenzen für die Lebensqualität nicht, wie bei anderen schwerwiegenden Erkrankungen üblich, sozial "honoriert" oder wenigstens anerkannt. Ganz im Gegenteil! Die Betroffenen sehen sich im Regelfall einem hohen Grad an Stigmatisierung und Psychologisierung ("Deine Erkrankung existiert lediglich in deinem Kopf!") ausgesetzt (Äsbring & Närvänen,2002; Green et al.,1999). Dabei sind auch die besonders unschönen körperlichen Konsequenzen dieser "geheimnisvollen" Erkrankung gut belegt: Betroffene des Chronischen Erschöpfungssyndroms haben ein höheres Risiko früher an allgemeinen oder Herzkreislauf-assoziierten Todesursachen zu versterben, begehen deutlich eher Selbstmord und erkranken früher und häufiger an Krebs (McManimen et al.,2017).  Paaren wir die erheblichen Krankheitssymptome und -konsequenzen noch mit einem Mangel an effektiven Therapieverfahren und Medikamenten, wird das ganze Ausmaß des Dilemmas ersichtlich, in dem die Betroffenen stecken. (Dabei weiß ich genau, über was ich hier schreibe, denn ich konnte jahrelang kaum meine Wohnung verlassen und hatte oft Schwierigkeiten, die Treppen in das zweite Stockwerk zu bewältigen.)

 

 

Was Ärzte über das Chronische Müdigkeitssyndrom denken und warum das so ist.

Im Folgenden möchte ich etwas ausführlicher darauf eingehen, was viele Ärzte von der Erkrankung Chronisches Erschöpfungssyndrom bzw. Myalgische Enzephalomyelitis halten und welche Faktoren diese eher negativen Einstellungen prägten und auch heute noch aufrechterhalten. Das Verständnis dieser historischen Zusammenhänge ist enorm wichtig für dich als Leser, um zu begreifen, warum unzählige Ärzte entgegen der wissenschaftlichen Evidenz immer noch vom Chronischen Müdigkeitssyndrom als einem eher psychiatrisch oder psychosomatisch geprägten funktionellen Syndrom sprechen, welches angeblich aufgrund fehlender verbindlicher biologischer Pathomechanismen nicht gut therapierbar oder sogar heilbar sei. (Teaser: Das ist falsch! Zumindest für größere Subgruppen der Erkrankung.)

 

Eine Vielzahl von Studien zeigt auf, dass die von den Patienten oft wahrgenommene Stigmatisierung, Bagatellisierung und Psychologisierung nicht nur von deren Kollegen, Bekannten und Verwandten kommt, sondern leider auch unter den behandelnden Ärzten weit verbreitet sind. So zeigten die Forscherinnen Dr. Pia Äsbring und Dr. Anna-Liina Närvänen an einer Gruppe schwedischer Ärzte, welche Erfahrungen im Umgang mit dem Chronischen Erschöpfungssyndrom hatte, dass diese die Beschwerden der Patienten als nicht so ernst beurteilten, da die Erkrankung immer noch als "Syndrom" und nicht als "Krankheit" per se klassifiziert sei.  Viele dieser erfahrenen Mediziner brachten außerdem ihre Skepsis gegenüber einer "Erkrankung CFS" zum Ausdruck. Die Behandler charakterisierten ihre CFS/ME-Patienten als fordernd, krankheitsfokussiert und "medikalisierend" (ein Zustand oder ein Verhalten wird zu Unrecht einer Erkrankung oder einem Störungsbild zugeschrieben, welche/s medizinischer Behandlung bedarf) (Äsbring & Närvänen,2003). 

 

Leider hatte auch der bereits oben erwähnte PACE-Trial einen großen Anteil am Ausbau und der Zementierung dieses einseitigen Blickwinkels der Ärzteschaft. Durch die umstrittene Interpretation der Autoren, welche die Kognitive Verhaltens(Psycho-)Therapie und die Graded-Exercise-Therapy (eine graduell abgestimmte sportliche Aktivität) als deutlich effektiver einschätzten als spezialisierte medikamentöse Behandlungsformen, entstand bei vielen praktizierenden Ärzten der folgenschwere Eindruck, die Ergebnisse der großangelegten Studie belegten, dass es sich beim Chronischen Erschöpfungssyndrom bzw. der Myalgischen Enzephalomyelitis eher um eine psychosomatische Erkrankung bzw. ein funktionelles Syndrom handelt als um eine "tatsächliche" körperliche Krankheit. 

 

Zahllose Forscher wiesen in Positionspapieren auf die statistischen und konzeptionellen Schwachstellen dieser Untersuchung hin. Zu den prominenteren Gegnern des PACE-Trials gehörte auch der heute bei uns im Fokus stehende Michael Maes. Er kritisierte vor allem die mangelnden stichhaltigen Kriterien zur Auswahl der Probanden. Auch ich habe in den vergangenen Jahren immer wieder auf diesen misslichen Umstand hingewiesen: Chronische Erschöpfung existiert im Rahmen unterschiedlichster Lebenssituationen und Erkrankungen. So berichten etwa 55% der Reizdarmpatienten über chronische Erschöpfung und lähmende Müdigkeit (Han und Yang,2016).  Da es sich bei den bisherigen Kriterien zur Diagnose des Chronischen Erschöpfungssyndroms aber nicht um externe und objektive Parameter handelt, sondern hauptsächlich um subjektive Bewertungsskalen etc., fallen sehr viele Menschen unter den "Regenschirmbegriff" CFS, per definitionem heute immer noch ein SYNDROM - also nichts weiter als ein überzufällig häufig zusammen auftretender Symptomkomplex! Nun wissen wir aber aus zahlreichen Untersuchungen, dass etwa die Erschöpfung im Rahmen des Reizdarmsyndroms erheblich abnimmt, wenn wir die zugrundeliegenden Pathomechanismen behandeln (etwa via Stuhltransplantation zur Modulation des Mikrobioms oder via Mastzellstabilisierung mittels Cromoglicinsäure). 

Betrachten wir diese unkritische Einbeziehung ganz unterschiedlicher Patientengruppen leuchtet ein, warum einige Probanden offenbar von Graded Exercise und Verhaltenstherapie profitieren konnten, während sie anderen Probanden (einige CFS-Betroffene und -Forscher meinen sogar, den "echten" CFS-Patienten) sogar geschadet hatten (ein riesiger Kritikpunkt an der PACE-Studie war das Übergehen dieser Gefahr für Betroffene). 

 

Schauen wir uns zur Illustrierung dieses wichtigen Punktes deshalb noch kurz beispielhaft die 1994 etablierten und heute immer noch weit verbreiteten Fukuda-Kriterien für das Chronische Erschöpfungssyndrom an: Diese von zahlreichen Ärzten favorisierten Definitions-Kriterien verkürzten die vorher etablierten Holmes-Kriterien von acht auf lediglich vier Symptome und entfernten dabei u.a. jene Beschwerden, welche am ehesten die Myalgische Enzephalomyelitis charakterisierten und von anderen Erkrankungen differenzierten (Morris & Maes,2013).  Dies hatte allerdings zur Folge, dass die neuen Fukuda-Kriterien einen vollständig neuen Phänotyp der Erkrankung erhobenPatienten mit geringerer symptomatischer Ausprägung (milderer Schweregrad) und primären psychiatrischen Ursachen der Erschöpfung (psychosozialer Stress, Depressionen). 

Die Verwendung der Fukuda-Kriterien hatte also einen großen Verwässerungseffekt. Zahlreiche Psychiater protestierten folgerichtig, viele der nun als CFS/ME klassifizierten Patienten litten eigentlich unter psychiatrischen Diagnosen. So teilen etwa das Chronische Erschöpfungssyndrom und die Depression zahlreiche klinische Merkmale (Erschöpfung, Antriebslosigkeit, neurokognitive Symptome, Schlafstörungen). Die Prävalenz des Chronischen Müdigkeitssyndroms (so der Name heute in der deutschen ICD-10) stieg sprunghaft von 0,0074% auf 2,6% nur durch die breite Anwendung der neuen aufgeweichten Kriterien!

 

Von Mäusen, Kaninchen und mangelnder Konstruktvalidität: Warum "CFS-Betroffene" nicht immer CFS haben und warum das problematisch ist.

Um die Konsequenzen dieser Ausweitung der Diagnosekriterien zu veranschaulichen, solltet ihr euch ein kleines Mädchen vorstellen, dass etwas über Kaninchen herausfinden möchte, weil es Kaninchen eben besonders gerne mag (Wer nicht?). Zu diesem Zweck beobachtet es ihren geliebten gescheckten Zwergwidder, seine Verwandten im Tierpark und alle anderen mümmelnden Karnickel der Umgebung aufmerksam.

Doch irgendwann kommen Mama und Papa in ihr Zimmer, die beiden Menschen, denen sie am meisten vertraut und bringen ihr bisher angewandtes kognitives Schema durcheinander. So behaupten sie doch tatsächlich, die spezifischen Charakteristika des Kaninchens (lange Ohren, hoppelnder Gang, Stummelschwanz) seien gar keine wichtigen Kriterien zum Erkennen eines Kaninchens. Dafür gäbe es andere Merkmale (zum Beispiel Fell, vier Beine, Säugetier). Etwas skeptisch, aber natürlich ihren erfahrenen Eltern vertrauend, nimmt das kleine Mädchen schließlich diese Erklärung an. 

 

Zu ihrem nächsten Geburtstag bekommt das Mädchen einen großen Käfig mit einer ganzen Großfamilie Mäusen geschenkt. Aufgrund ihres neu erlernten neuronalen Netzwerkes handelt es sich für das kleine Mädchen aber ebenfalls um Kaninchen (denn die Mäuse haben Fell, vier Beine und sind Säugetiere). Nun soll das Mädchen für ihre Kindergartengruppe einen kurzen Vortrag über ihre Kaninchen halten, von denen sie so oft in der Gruppe erzählt. Tja, ihr könnt euch das Dilemma wahrscheinlich ausmalen, denn die Probleme beginnen schon nach den ersten allgemeinen Feststellungen über das Fell und die Anzahl der Beine. Hat ein Kaninchen denn nun kleine runde oder lange Ohren? Einen langen oder einen Stummelschwanz? Vermutlich eher kleine runde Ohren und einen langen Schwanz, da diese Charakteristika mehr Tiere im Käfig zeigen als andersherum! 

 

In gleicher Weise erging es dem Chronischen Erschöpfungssyndrom, so unglaublich das auch klingen mag!

 

Durch die neuen Kriterien gelangten Patienten als Probanden in Studien, die nicht zur "Urpopulation" gehörten. Um im obigen Beispiel zu bleiben, hatten diese zwar Fell und vier Beine (Erschöpfung und neurokognitive Beschwerden), aber keine langen Ohren und keine Pfoten (postviraler Prozess, Beteiligung von bspw. Mitochondriopathie). Dies waren bspw. Betroffene von psychosozialen Stressoren, depressiver Verstimmung und Angsterkrankungen. Könnt ihr euch nun vorstellen, warum Psychotherapie und sportliche Betätigung für einige Probanden sinnvolle Ansätze waren? Oder warum in einigen Studien objektive Biomarker erhoben werden konnten und in anderen nicht?

 

Im Wissenschaftsbetrieb würden wir in diesem Kontext davon sprechen, dass ein Test nicht konstruktvalide ist, d.h.  schlicht und ergreifend nicht genau das erfasst, für was er konzipiert wurde. Einer der häufigsten Gründe für eine solche mangelnde Konstruktvalidität ist die vage Definition eines Konstruktes, was auf fast alle vorliegenden Kriterien zur Definition des Chronic Fatigue Syndroms zutrifft (siehe für eine ausführlichere Darstellung Morris & Maes,2013). Nun könnten wir so tun, als handele es sich hierbei um eine rein akademische Diskussion, welche uns Patientengruppen nicht weiter zu interessieren braucht.

Falsch! Ein reales Problem erwächst dann aus der mangelnden Konstruktvalidität, wenn auf Grundlage dieser falschen (vagen) Definition diagnostische, therapeutische und gesundheitspolitische Entscheidungen getroffen werden. Das war bspw. bei der schon oft erwähnten PACE-Studie der Fall, da die Schlussfolgerungen der Autoren in zahlreiche ärztliche Leitlinien Eingang fanden.

Sind also sehr viele Menschen mit einer zugrundeliegenden depressiven Verstimmung in einer CFS/ME-Studie vertreten, dann sollte es nicht verwundern, dass diese Patienten positiv auf eine Psychotherapie und Bewegung reagieren. Dies ist ganz einfach der Fall, weil hunderte Studien zeigen, dass es sich bei beiden Therapieansätzen um effektive Behandlungsformen der Depression handelt (Gourgourvedis et al.,2018). Nimmt man aufgrund der an diesen "falschen" CFS/ME-Patienten erzielten positiven Ergebnissen nun aber fälschlicherweise an, alle (also auch die "tatsächlichen") Betroffenen des Chronischen Erschöpfungssyndroms profitierten von sportlicher Betätigung und Psychotherapie, wird man letzter Gruppe mitunter sogar Schaden zufügen (Twisk et al.,2009). 

 

Auch die Wirkung auf die Ärzte, welche mit dem Chronischen Erschöpfungssyndrom bzw. der Myalgischen Enzephalomyelitis umgehen müssen, dürfte vorhersehbar sein: Aufgrund der weichen Kriterien sehen die Mediziner deutlich mehr "CFS-Betroffene" mit psychosozialen Stressoren und psychiatrischen Auffälligkeiten in ihren Praxen und gleichzeitig "bestätigen" Studien, dass die Patienten kaum an klaren biologischen Veränderungen leiden und am ehesten von einer Psychotherapie profitieren können. So bestätigen sich die vorher bei vielen Ärzten vorhandenen Haltungen und Einstellungen gegenüber dem Chronischen Müdigkeitssyndrom im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung.

 

Um dieses erhebliche wissenschaftshemmende Problem aufzulösen, bedarf es objektiver externer (am besten biologischer) Kriterien zur Definition, wer tatsächlich von einem Chronischen Erschöpfungssyndrom betroffen ist (und wer eben nicht). Dieses Problem existiert äquivalent auch für das Reizdarmsyndrom. Für das Chronische Erschöpfungssyndrom wurden bereits die richtigen Schritte eingeleitet, obwohl sich deren Fußabdrücke (noch) nicht verbreitet in den deutschsprachigen Arztzimmern wiederfinden.

 

Was weiß die moderne Wissenschaft über das Chronische Müdigkeitssyndrom bzw. die Myalgische Enzephalomyelitis und ihre Krankheitsmechanismen?

Wie auch beim Reizdarmsyndrom, der Fibromyalgie und anderen mikrobiom- und mastzellassoziierten Erkrankungen steht der Bagatellisierung und Psychologisierung auf der einen Seite eine gewaltige wissenschaftliche Evidenz gegenüber, welche allerdings nur sehr schwer Eingang in die Praxis und das Wissen der Gesellschaft findet. Auch vielen Betroffenen von CFS/ME selbst ist das Ausmaß und die Qualität der eigentlichen Datenlage zu ihrer Erkrankung nicht vollständig bewusst. 

Aus diesem Grund möchte ich in diesem Abschnitt ganz knapp einige der am besten erforschten Pathomechanismen und evtl. Ursachen des Chronischen Erschöpfungssyndroms anschneiden. Diese können dazu dienen, die Patienten mit einem "wirklichen" CFS (siehe vorangegangene Diskussion) von anderen Formen der chronischen Erschöpfung zu differenzieren. Ich folge dabei im Wesentlichen der Arbeit von Professor Dr. Gerwyn Morris (z.B.  Morris et al.,2019). 

 

1. Entzündungen und Veränderungen des Immunsystems

Eine der am besten belegten biologischen Veränderungen im Rahmen des Chronischen Erschöpfungssyndroms ist die nachhaltige Aktivierung und Polarisation des Immunsystems mit
  1. erhöhten Konzentrationen peripherer proentzündlicher Zytokine
  2. anergen T-Zellen
  3. dysfunktionalen Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen)
  4. Veränderungen inflammatorischer T-Helferzellen (Th1, Th2, evtl. Th17)

Besonders interessant erscheint, dass man die konsistent feststellbaren Veränderungen des Immunsystems im Rahmen des CFS aufgrund teils fluider oder sogar kontradiktorischer Befunde zuerst nicht richtig einordnen konnte. Heute wissen wir, dass neu betroffene Patienten eher eine Immunaktivierung zeigen, während sich bei langjährigen Erkrankten eher die Zeichen einer Immunsuppression einstellen (durch kompensatorische Maßnahmen des Immunsystems). 

 

2. Oxidativer und nitrosativer Stress

Ebenfalls zu den sehr gut dokumentierten biochemischen Veränderungen im Rahmen von CFS/ME gehören erhöhte Konzentrationen der reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) und reaktiven Stickstoffspezies (RNS), welche oxidativen und nitrosativen Stress erzeugen und in verschiedene zellpathologische Erscheinungen eingebunden sind. 

Oxidativer und nitrosativer Stress wurden inzwischen mit verschiedenen inflammatorischen, neurologischen und Herzkreislauferkrankungen assoziiert. 

 

Auch weitere Befunde, wie das Vorhandensein oxidativ modifizierter Proteine oder die Bildung stark reaktiver Aldehyde und Ketone durch Lipid Peroxidation sprechen für eine bedeutende Rolle vermehrten oxidativen und nitrosativen Stresses bei der Pathophysiologie der Erkrankung.

 

3. Mitochondriale Dysfunktion

Besondere Beachtung seitens der Betroffenengruppen wurde in den vergangenen Jahren der gestörten Funktionsweise der Mitochondrien ("Kraftwerke der Zellen") geschenkt. Besonders popularisiert wurden diese wissenschaftlichen Erkenntnisse von der CFS-Spezialistin Dr. Sarah Myhill (z.B. Myhill et al.,2009), welche diese auch in ein therapeutisches Konzept (nur in englischer Sprache) übersetzte.

 

Zu den bedeutendsten erhobenen Phänomen im Zusammenhang mit der Mitochondriopathie beim Chronischen Erschöpfungssyndrom gehören:

  1. verminderte ATP-Produktion
  2. gestörte oxidative Phosphorylierung
  3. erhöhte Laktatkonzentration
  4. verminderte Konzentration von Coenzym Q10
  5. oxidative Schädigung von Organellen

 

4. Körperliche Leistungsbeeinträchtigung

Patienten mit dem Chronischen Erschöpfungssyndrom zeigen eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit mit verschiedenen Muskelpathologien und einer ausgeprägten Anstrengungs- oder Aktivitätsintoleranz. Letztere kann bereits durch geringe Steigerungen der alltäglichen Aktivität provoziert werden, äußert sich in extremer Erschöpfung und verlangsamter (muskulärer) Regeneration nach der körperlichen Anstrengung und ist neuesten Erkenntnissen nach am ehesten entzündlich-immunologisch vermittelt

 

Die körperliche Leistungsfähigkeit wird hingegen durch verschiedene Faktoren eingeschränkt. So zeigen CFS-Betroffene niedrigere Werte für VO2-Max (maximale Sauerstoffaufnahme),  hohe Laktatanreicherungen bereits nach minimalen Anstrengungen und auch eine reduzierte anaerobe Schwelle

 

5. Leaky Gut und bakterielle Translokation

Inzwischen ebenfalls gut belegt ist die gestörte (durchlässigere) Darmbarriere (Leaky Gut Syndrom; Sickerdarm). Patienten mit CFS/ME zeigen gehäuft Störungen der tight-junction-Proteine, welche die Durchlässigkeit der wichtigen Darmbarriere regulieren. Letztere schützt den menschlichen Organismus vor verschiedenen zugeführten (potenziellen) Pathogenen, aber auch vor der erdrückenden Last des menschlichen Darm-Mikrobioms (der Gesamtheit aller im Darm lebenden Mikroorganismen: Bakterien, Viren, Pilze, Bakteriophagen, Archaeen ...) 

Steigt die Durchlässigkeit der Darmbarriere pathologisch an (etwa durch Mikrobiomverschiebungen/Dysbiose [Fehlernährung; Antibiose], oxidativen und nitrosativen Stress, zirkulierende proinflammatorische Zytokine) gelangen Nahrungsproteine und vor allem auch Endotoxine (Lipopolysaccharide aus gram-negativen Bakterien) durch die Barriere in den Blutkreislauf. Im System angekommen werden sie von unserem Immunsystem aufgespürt und es kommt zu lokalen (auf den Darm bezogenen) und systemischen Entzündungen

 

Das Ausmaß dieser Darmbarrierestörung und der Translokation von LPS korreliert im Rahmen von CFS/ME mit dem Schweregrad der Entzündungen und Immunaktivierung.

 

6. Autonome Dysfunktion

Besonders typisch für das Chronische Erschöpfungssyndrom ist auch die so genannte Dysautonomie, also eine Störung der Funktionsweise des autonomen Nervensystems, mit einem überaktivierten Sympathikus (Dominanz), einem unteraktivierten Parasympathikus und einer verminderten Funktionstüchtigkeit des Nervus vagus

 

Die Dysautonomie eignet sich auch noch einmal ganz hervorragend zur Demonstration des oben beschriebenen Validitätsproblems: Klassischerweise verwendet man zur Erfassung der Dysautonomie die Herzratenvariabilität. Diese ist in jenen Studien, welche die vageren, weicheren Kriterien zur Auswahl der Probanden verwendeten im Vergleich mit gesunden Kontrollpersonen nicht signifikant reduziert, aber in allen Untersuchungen mit strengen Kriterien sehr wohl ... 

 

7. Kognitive Störungen

Die meisten Betroffenen von CFS/ME leiden unter kognitiven Störungen, typischerweise Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Wortfindungsstörungen und "brain fog". Diese Beeinträchtigungen gehen mit einer veränderten Hirnstruktur in modernen bildgebenden Verfahren einher. Letztere betreffen die graue und weiße Substanz, die Konnektivität der neuronalen Netzwerke und auch die lokale und globale zerebrale Hypoperfusion. 

Die genannten Faktoren sind mit dem Ausmaß der kognitiven Einschränkungen korreliert. 

 

Was haben das Chronische Erschöpfungssyndrom, das Reizdarmsyndrom, das Mastzellaktivierungssyndrom und ähnliche Erkrankungen gemeinsam?

Betrachtet man die genannten Störungsbilder nur sehr oberflächlich, dann werden einem wohl als erstes die Unterschiede in der Leitsymptomatik in den Sinn kommen: Das CFS ist am ehesten gekennzeichnet durch Erschöpfung und Aktivitätsintoleranz, das Reizdarmsyndrom durch Durchfälle und Bauchschmerzen und das Mastzellaktivierungssyndrom durch Flush, Erbrechen, Synkopen usw. Dadurch entstehen unterschiedliche Bedürfnisse und Lebenswelten der Patienten.

 

Doch schaut man etwas genauer hin, finden sich tatsächlich viele Überschneidungen. So handelt es sich bei allen genannten Störungsbildern, die wir ohne weiteres noch ergänzen könnten, um Syndrome, also lediglich beschreibende Symptomkomplexe ohne fest etablierte Krankheitsmechanismen und -ursachen (So sagen es zumindest die Ärzte), die anhand bestimmter Kriterien definiert werden müssen. Letztere sind bspw. im Fall des Reizdarmsyndroms (ROMIV) nicht spezifischer als jene für das Chronische Erschöpfungssyndrom, so dass sehr viele heterogene Patienten in einem Topf landen (Problem der mangelnden Validität).

Betrachten wir die Nebenkriterien, sekundären Symptome und Komorbiditäten sind die Zusammenhänge sogar wirklich imposant. Die meisten Patienten mit einem CFS klagen auch über Bauchschmerzen und Stuhlunregelmäßigkeiten, während mehr als jeder zweite RDS-Betroffene über chronische Erschöpfung klagt. In beide Erkrankungen sind wiederum überaktivierte Mastzellen mit verstärkter Freisetzung von proentzündlichen Mediatoren involviert. Schließlich erfüllt ein großer Teil der Patienten die Definitionskriterien für zwei oder sogar drei der genannten Erkrankungen parallel (hat also "Läuse und Flöhe" zugleich) (Hyland et al.,2019). 

 

Auch bei den Entstehungsbedingungen treffen sich die so genannten "funktionellen Syndrome". So teilen sich etwa der Reizdarm und das Chronische Erschöpfungssyndrom den Status als "Erkrankungen der Moderne" (Faktoren wie Stress, westliche Ernährung, Umwelteinflüsse, Antibiosen, Kaiserschnitt usw.), ein verändertes Mikrobiom bzw. die Dysbiose, die gestörte Darmbarriere, eine oft postinfektiöse Genese, die Beteiligung von Mast- und anderen Immunzellen und ein lokales wie systemisches Entzündungsmilieu. 

 

Inzwischen hat die Wissenschaft auch zahlreiche Belege dafür präsentiert, dass es sich bei den genannten Erkrankungen um Ausprägungen auf "einem einzigen Krankheitskontinuum" handelt, sprich aus einen Reizdarmsyndrom sehr oft ein Chronisches Erschöpfungssyndrom bzw. eine Myalgische Enzephalomyelitis erwächst! Aus diesem Grund profitieren die unterschiedlich anmutenden Patientengruppen von der selben oder zumindest einer ganz ähnlichen Therapie. So führt die Regeneration der hyperpermeablen Darmbarriere sowohl beim Reizdarm, als auch bei Fibromyalgie und CFS/ME zur Verbesserung der Leitsymptomatik! (Für eine ausführliche Beschäftigung mit diesem Thema inklusive Zahlen und der zugehörigen wissenschaftlichen Hypothese - klicke bitte hier)

 

Der bedeutendste gemeinsame Nenner ist aber meiner Einschätzung nach die Aberkennung des "Krankheitswertes" aufgrund der mangelnden Etablierung objektiver Kriterien. Bagatellisierung, Stigmatisierung und Psychologisierung treffen diese Patientengruppen mit voller Wucht, da trotz vorhandener qualitativ-hochwertiger Evidenz (siehe oben; und für den Reizdarm hier) kein Umdenken in der Praxis der Ärzte und der Gesellschaft stattfindet (obwohl viele Patienteninitiativen hartnäckig daran arbeiten). 

 

In Zusammenschau der oben aufgelisteten Pathomechanismen des Chronischen Erschöpfungssyndroms können wir aber definitiv in Analogie zum Reizdarmsyndrom, zur Fibromyalgie etc. festhalten: Das Chronische Erschöpfungssyndrom zeigt spezifische biologische und biochemische Krankheitsmechanismen und -ursachen. Gelingt es uns, diese zu vermindern oder gar zu eliminieren, dann ist das Resultat eine Linderung oder Remission der Symptome. 

 

Das dies aller Unkenrufe zum Trotz möglich ist, zeigen inzwischen vielversprechende Studien und beeindruckende Fallbeispiele. Jahrelang wurde uns eingeredet, dass das Chronische Erschöpfungssyndrom bzw. die Myalgische Enzephalomyelitis nicht heilbar sei, da man die Ursachen und Pathomechanismen nicht kenne. Nun, Dr. Maes, Dr. Morris, Dr. Myhill und auch ich sehen das, zumindest für einen Teil der Betroffenen, anders (auch wenn ich mich etwas unbehaglich in einer Reihe mit diesen Forscherkoryphäen fühle, so habe ich doch auf Grundlage ihrer Arbeiten meine ganz eigene Evidenz [n=1] vorzuweisen ...

 

Wie Professor Dr. Michael Maes Patienten von ihrem Chronic Fatigue Syndrom befreite

So eindrucksvoll manche n=1 Erfolgsgeschichte auch manchmal sein mag, so untauglich ist sie zumeist für die Ableitung einer allgemeinen Aussage. Obwohl ich in der Vergangenheit die Diagnose Chronisches Erschöpfungssyndrom erhalten habe und tatsächlich auch die etablierten Biomarker vorweisen kann, bin ich natürlich ein Einzelfall und verfüge über ganz individuelle und spezifische biologische Voraussetzungen (so spielen in meinem persönlichen Krankheitsfall neben dem Leaky Gut, der Entotoxämie, IgA und IgM, sowie den Zytokinen vor allem Mastzellen und Eosinophilen eine sehr bedeutende Rolle). Ich möchte mein persönliches Beispiel deshalb lediglich als Motivation für dich als Leser, nicht aber als Argument für oder gegen eine mögliche Linderung/Heilung verstanden wissen. Dafür gibt es schließlich die systematische kontrollierte wissenschaftliche Forschung. 

An dieser Stelle bringen wir auch Professor Dr. Michael Maes ins Spiel. 

 

 Maes und Kollegen (damals noch in Belgien forschend) hatten schon frühzeitig für die Etablierung objektiver, auf den Entzündungsstatus und den oxidativen und nitrosativen Stress abzielender, Biomarker geworben. Hierbei waren sie auch auf die Beteiligung der gestörten Darmbarriere im Rahmen des Chronischen Erschöpfungssyndroms gestoßen (siehe oben). Ein großer Teil der CFS-Betroffenen zeigt eine zu durchlässige Darmbarriere im Sinne eines Leaky Gut Syndroms (wie die Darmbarriere funktioniert, warum sie so wichtig ist und was passiert, wenn sie geschwächt wird, kannst du noch einmal hier genau nachlesen). Dies ist verschiedenen vermittelnden Faktoren geschuldet: So weisen die meisten CFS/ME-Patienten hohe Konzentrationen von ROS und RNS auf (oxidativer + nitrosativer Stress) und außerdem vermehrte zirkulierende proentzündliche Zytokine (IL1beta, IL6, TNFalpha). Beide Faktoren stören die Regulation der Durchlässigkeit der Darmbarriere über die tight-junction Proteine. Während eine gewisse geringgradige Permeabilität der Darmbarriere physiologisch sinnvoll ist, kreiert die erhöhte Durchlässigkeit (das Leaky Gut Syndrom) eine ganze Kaskade an Problemen: Nahrungsproteine bzw. -antigene, Mikroorganismen, aber vor allem die in der Zellmembran gram-negativer Darmbakterien vorhandenen Lipopolysaccharide (LPS) gelangen durch die Darmbarriere ins System. Die negativen Konsequenzen entstehen durch heftige Antworten des Immunsystems auf dieses nicht vorgesehene Eindringen: allergische Reaktionen auf Lebensmittel (die vorher nicht vorhanden waren), lokale und systemische Entzündungen (samt einer möglichen Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke), bis hin zur Entstehung von Autoimmunität in schweren Fällen. 

Weiterhin zeigt eine recht große Subgruppe der CFS/ME-Betroffenen eine Dysbiose des Mikrobioms (der Darmflora), welche zum einen mehr LPS freisetzen kann und andererseits eine Schwächung der Darmbarriere begünstigt (ein doppelter Hieb sozusagen). Diese Ergebnisse wurden bereits um Störvariablen wie das gleichzeitige Vorliegen eines Reizdarmsyndroms bereinigt (Nagy-Szakal et al.,2017). 

 

Maes und sein Kollege Jean-Claude Leunis wollten nun überprüfen, wie verbreitet das Phänomen Leaky Gut und Endotoxämie (also vermehrt LPS im Blutkreislauf) unter ihren Patienten mit einem Chronischen Erschöpfungssyndrom ist und was eigentlich passiert, wenn man versucht, die durchlässige Darmbarriere langfristig zu regenerieren.

 

Patienten und Methoden

Maes und Leunis untersuchten 41 Patienten mit einer CFS/ME-Diagnose. Betroffene mit psychiatrischen und bestimmten körperlichen Erkrankungen wurden systematisch ausgeschlossen. Ebenfalls Probanden mit auffälligen Blutwerten. Die Probanden waren im Durchschnitt 38 Jahre alt, 34 von ihnen waren Frauen. Im Durchschnitt lebten die Patienten bereits acht Jahre mit dem Chronischen Erschöpfungssyndrom. 

Neben der Erhebung der klinischen Symptome anhand validierter Instrumente analysierte man das Blut der Probanden hinsichtlich der Reaktionen von Immunglobulin A und Immunglobulin M auf die Lipopolysaccharide sechs spezifischer gram-negativer Bakterienspezies. Dieses geschah vor und nach einer Intervention mittels natürlicher antientzündlicher und die Darmbarriere stärkender Stoffe über zehn bis zwölf Monate.  Maes und Leunis fassen diese Stoffe unter dem Begriff NAIOs zusammen (natural antiinflammatory substances). Alle Probanden nahmen Glutamin, Zink und N-Acethyl-Cystein (NAC). Bei einem Mangel zusätzlich Coenzym Q10. Bei erwiesenen Entzündungsprozessen auch Curcumin und Quercetin

Weiterhin befolgten die Probanden eine "Leaky Gut Diät" (siehe unten). 

 

Zentrale Ergebnisse

Erst einmal konnte bestätigt werden, dass nahezu alle Probanden mit CFS/ME eine Störung der Darmbarriere zeigten. Die damit verbundene Translokation von Lipopolysacchariden wurde durch erhöhte Werte der Immunglobuline A und M für alle sechs Gruppen nachgewiesen. 

 

Nach der Intervention hatte die IgM-Reaktion signifikant abgenommen, während dies nicht für die IgA-Reaktion zutraf. Die Darmbarriere hatte sich also regeneriert und die Endotoxämie sowie die daraus resultierende Immunreaktion vermindert

 

26 Patienten hatten ihre Scores auf der FF-Scale von durchschnittlich 38,2 auf 7,7 verbessert, was einem gewaltigen Erfolg entspricht!

 

Doch selbst die von Maes und Leunis als "Nonresponder" kategorisierten Teilnehmer hatten signifikante Verbesserungen erzielt! Diskriminierendes Kriterium für den großen Erfolg und den kleineren Erfolg waren dabei das Alter der Patienten und die bisherige Dauer der Erkrankung: Jüngere Patienten mit einer kürzeren Krankheitsdauer profitierten signifikant häufiger von der NAIOS-Gabe. 

 

Und wo bleibt die Remission?

2007 publizierten Maes und Kollegen dann eine äußerst beeindruckende Fallstudie, deren Lektüre ich nur jedem Betroffenen ans Herz legen kann (Maes et al.,2007). Dieses Dokument zeigt eindrücklich die Kraft einer solchen Heilung und kann den einen oder anderen von uns sicherlich zu Tränen rühren (*hust*). Ich fasse den Fall der kleinen Patientin, um die medizinische Komplexität etwas zu reduzieren, stichpunktartig im Zeitverlauf zusammen:

  1. 10.11.2005: Die 13jährige CFS-Betroffene wird in einem Rollstuhl in das Arztzimmer geschoben; sie kann aufgrund starker Erschöpfung und Muskelschmerzen nicht gehen oder stehen.
  2. Die Beschwerden hatten nach einer Entzündung des Rachens begonnen. Zusätzlich zur Erschöpfung und den Muskelschmerzen fanden sich Blähungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Das Mädchen hatte bereits 10 Kilogramm Gewicht verloren.
  3. Die Patientin sollte auf Empfehlung der Ärzte einer Universitätsklinik in eine psychiatrische Klinik überwiesen werden (wegen vermuteter psychogener Ursachen ihrer Symptome), doch zum Glück weigerten sich die Eltern. 
  4. In einer anderen Universitätsklinik fand man dann viele Biomarker für CFS: darunter erhöhte IgM-Konzentrationen, verminderte NK-Zellen und eine starke IgM-Reaktion auf LPS
  5. Die richtige Diagnose wurde hier bereits erstmals gestellt: Chronisches Erschöpfungssyndrom; die Darmflora wurde mittels Antibiosen "korrigiert", wobei das arme Mädchen noch mehr Gewicht verlor und erneut in eine andere Klinik überwiesen werden musste.
  6. Dort fand auch eine neurologische Abklärung statt. Der Psychiater stellte die Diagnose Konversionshysterie (Psychoanalyse) und meinte tatsächlich, er sehe von CFS keine Spur
  7. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits weitere typische Symptome eingestellt: Halsschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Schwindel, das Gefühl einer Erkältung ... 
  8. Das Mädchen wurde nun von den Autoren mit Coenzym Q10, Carnitin und Taurin, sowie Glutamin und Zink behandelt. Weiterhin musste sie die "Leaky Gut Diät" (siehe unten) einhalten. 
  9. Im August 2006 kam die Patientin in das Behandlungszimmer gelaufen. Sie berichtete über kräftigere Muskeln und bessere Konzentration. Sie könne wieder Bücher lesen und nehme sogar an ihrer Schwimmklasse teil. Die IgM-Reaktionen gegenüber LPS hatten sich deutlich gebessert. Ihre Hauptsymptome zu diesem Zeitpunkt waren nicht erholsamer Schlaf und abdominelle Beschwerden.
  10. Ein Jahr nach Behandlungsbeginn hatte sich ihre Gesundheit weiter verbessert. Sie schliefe besser und habe nur noch selten Bauchbeschwerden, dann aber Durchfall. Im vergangenen halben Jahr hatte sie eine Woche Halsschmerzen und geschwollene Lymphknoten. Sie ging wieder in Teilzeit in die Schule. Sowohl ihre Entzündungsmarker als auch ihre Coenzym-Q10-Konzentrationen hatten sich normalisiert.
  11. Im Februar 2007 ging die Patientin wieder Vollzeit in ihre Schule und nahm am Schwimmunterricht und an Fitnessstunden teil. Sie berichtete, sie fühle sich so wie vor ihrer Erkrankung. Im Juli vermerkte sie stolz, dass sie das Schuljahr mit einem "sehr gut" abgeschlossen habe. 

Neben den Möglichkeiten der Heilung die dieser Fall eindrücklich und kraftvoll demonstriert, und natürlich den emotionalen Achterbahnfahrten, wenn man mit dem Mädchen leidet, versinnbildlicht der Verlauf der Diagnose die Hürden mit dieser Erkrankung: auch diese junge Betroffene musste sich der Psychologisierung und Bagatellisierung basierend auf der Unwissenheit, dem Hochmut oder der Ignoranz einiger Ärzte stellen!

 

Was wäre nur passiert, wenn sich die Eltern dem Rat der Uniklink gefügt und das Mädchen in eine psychiatrische Klinik verbracht hätten? Oder der Neurologe sich mit seiner "Konversionshysterie" durchgesetzt hätte? Dann wäre das Mädchen mitunter vielleicht nie wieder genesen, hätte weiterhin im Rollstuhl gesessen und wäre vielleicht von seiner Familie isoliert in einer Psychiatrie geendet ...

 

Lasst euch also bitte nicht mit an den Haaren herbeigezogenen Diagnosen abspeisen und sucht euch einen erfahrenen und verantwortungsbewussten Spezialisten! Und wenn ihr diesen nicht finden könnt, dann müsst ihr es eben selbst in die Hand nehmen! Zum Glück gibt es dafür heute einige hilfreiche Gadgets ... (Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass ich selbst psychotherapeutisch im Bereich der Psychosomatik tätig bin - dieser Begriff und das gesamte Konzept haben überhaupt nichts und auch gar nichts mit der Idee einer Konversionshysterie oder der Krankheit als Symbol zu tun! Es ist schade, wie dieses Fach der Ganzheitsmedizin mit seinem biopsychosozialen Modell durch solche Vertreter angefärbt wird.)

 

So findest du heraus, ob dein Chronisches Erschöpfungssyndrom von einer NAIOs-Therapie und Leaky-Gut-Diät profitieren kann.

Eine sinnvolle zielführende Diagnostik erleichtert die Auswahl der richtigen Therapiemethode beim Chronischen Erschöpfungssyndrom, spart Zeit, Geld und schont die Nerven.
Eine sinnvolle zielführende Diagnostik erleichtert die Auswahl der richtigen Therapiemethode beim Chronischen Erschöpfungssyndrom, spart Zeit, Geld und schont die Nerven.
Wie wir schon im Fall des jungen Mädchens sehen konnten, kann eine Therapie des Chronischen Erschöpfungssyndroms sehr lange andauern. Selbst diese junge Patientin mit geringer Krankheitserfahrung benötigte knapp 18 Monate, um wieder vollständig zu genesen. Die Studien von Maes und Kollegen zeigen, dass je älter der Betroffene und je länger CFS/ME bestehen, desto hartnäckiger stellen sich die Therapieerfolge ein. Je nach deiner individuellen Situation kannst du also mit einem zeitlichen Rahmen von mehreren Monaten, bis zu einigen Jahren rechnen. Die erste vorgestellte Untersuchung verdeutlichte jedoch auch, dass ...
  1. auch Patienten im mittleren Lebensalter (im Durchschnitt knapp 40 Jahre alt) durchaus große Erfolge haben können und ...
  2. selbst noch ältere Betroffene und langfristig erkrankte Patienten ihre Beschwerden mit dieser Therapie signifikant zu lindern vermögen.

Bei mir dauerte der Prozess (von wohnungsgebunden bis hin zurück zur Arbeits- und Sportfähigkeit) knapp 1,5 Jahre, wobei ich Dr. Myhills Stufenprotokoll weitestgehend befolgte, d.h. erst einmal vollständige Beschwerdefreiheit ganz ohne jegliche Aktivität abwartete, bevor ich die nächste Stufe erklomm. 

 

Nun weiß ich, wie schwer es fallen kann, eine solch langfristige und auch einschränkende Therapie durchzuhalten. Zum einen fällt das Kochen, Lebensmittel besorgen, Supplemente kaufen und einnehmen etc. ohnehin unendlich schwer, wenn einem schon die Kraft und Konzentration fehlen, um die Tageszeitung zu lesen. Andererseits geht die anfängliche Motivation recht schnell flöten, wenn man nach drei Monaten der Behandlung keine symptomatischen Veränderungen sieht (was in den Studien sehr oft der Fall war). 

Schließlich wissen wir auch, dass nur eine Subgruppe der Patienten mit dem Chronischen Erschöpfungssyndrom bzw. der Myalgischen Enzephalomyelitis unter diesem spezifischen Pathomechanismus leidet (Missailidis et al.,2019), denn wie weiter oben ausführlich beschrieben, ist die Pathophysiologie aufgrund der vagen Definitionskriterien breit gefächert. Es könnte also sein, dass du deine (verbliebenen) Kräfte auf eine nicht zielführende Therapie verschwendest. Das wäre natürlich ein enormes Problem! 

 

Zum Glück gibt es einige Prädiktoren für das Ansprechen auf das Therapiekonzept von Maes und Kollegen, welche dir aufzeigen können, ob du ein geeigneter Kandidat für diese Behandlung bist. Dabei stehen natürlich die Darmbarriere und die Endotoxämie (Lipopolysaccharide im Blutkreislauf) im Vordergrund.

 

Welche Laborparameter du erheben lassen solltest

Bevor wir konkret auf die sinnvollen Prädiktoren eingehen werden, noch ein kleiner Hinweis meinerseits: Es lohnt sich natürlich immer erst einmal die diagnostischen Möglichkeiten mit dem behandelnden Arzt bzw. auch der Krankenkasse abzuklären. Jeder so gesparte Euro kann dann nämlich (in das oft ohnehin belastete Therapiebudget fließen). Unabhängig davon lohnt sich meiner Einschätzung nach die Investition in einige Tests bei Privatlaboren, um die Therapiefindung zu verbessern. Spart also kein Geld, wenn es um gute Diagnostik geht, die eure Möglichkeiten der Gesundung erweitern, schmeißt aber kein Geld für unnötigen Kram (Stuhltests via Stuhlkultur usw.) zum Fenster raus!

 

Der Goldstandard wäre natürlich die Bestimmung von IgA- und IgM-Reaktionen auf LPS im Blut, freigesetzt von verschiedenen Darmbakterienspezies, wie in der Studie von Maes und Kollegen. Da den meisten von uns unbedeutenden Patienten so eine Behandlung aber nicht zuteil werden dürfte, müssen wir uns anderweitig behelfen.

 

Die meisten CFS-Betroffenen haben bereits viele diagnostische Tests über sich ergehen lassen müssen. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass ihr in euren Unterlagen bereits den ein oder anderen Prädiktor finden könnt. Dies sind zumeist ...

  1. erhöhte IgM- oder IgA- Konzentrationen (unspezifisch) 
  2. vermehrte zirkulierende Zytokine, vor allem IL1beta, IL6 und TNFalpha
  3. gestörte Darmbarriere via Laktulose-Mannitol-Test oder bei der Endoskopie

Der Nachteil der ersten beiden Parameter ist, dass sie recht unspezifisch sind, denn sie können auch im Rahmen anderer Erkrankungen oder Pathomechanismen verändert sein. Die gestörte Darmbarriere wird leider nur selten von Ärzten erhoben, aber gerade der direkte Test während der Endoskopie (bei mir damals mittels Fluorescein-Injektion) kann als sicherer Nachweis eines Leaky-Gut-Syndroms interpretiert werden. 

 

Um diese Nachteile (mangelnde Spezifität und Verfügbarkeit) auszugleichen, kann eine weit verfügbare (allerdings privat zu bezahlende) DNA-Stuhlanalyse sehr gute Erkenntnisse generieren.

 

 

Bei dem DNA-Stuhltest Mikrobiom-Plus des Labors medivere:diagnostics handelt es sich um ein modernes molekularbiologisches Verfahren zur Erfassung der gesamten Bandbreite des Mikrobioms. Er ist also keineswegs mit den kritisch zu bewertenden Stuhlkulturtests vergleichbar, sondern basiert auf der 16S-rRNA-Sequenzierung, welche auch in aktuellen wissenschaftlichen Erhebungen der Mikrobiomforschung Anwendung findet.

 

Wie kann dieser Test als Prädiktor für das Maes-Protokoll eingesetzt werden? 

  1. Er analysiert zuverlässig die Konzentration der Gruppe LPS-tragender (und freisetzender) Bakterien.
  2. Er erhebt zwei funktional verschiedene Parameter zur Beurteilung der Durchlässigkeit der Darmbarriere (Leaky Gut): Zonulin (tight-junction Regulator) und Alpha-1-Antitrypsin. 

Zusätzlich werden weitere interessante und therapeutisch verwertbare Kennmaße erhoben (lokale Entzündung, Verdauungsleistung, Pankreasenzyme usw.) Generell erhalten wir aber Aussagen über die beiden Kernkomponenten von Maes´ Hypthese: Lipopolysaccharide und Leaky Gut Syndrom!

 

Der Stuhltest kann mittels Spezialröhrchen bequem von zuhause aus abgenommen und per Post versendet werden. Preis (Stand Juli 2020): 245,76€.

 


Eine zweite "Hauptangriffslinie" in Maes´ Therapieansatz ist der oxidative und nitrosative Stress (NIOF-Konzept)

 

Beim Urintest Oxidativer Stress bzw. Urintest Nitrosativer Stress werden laboranalytisch Isoprostane (Oxidativer Stress) oder Citrullin, Methylmalonsäure und Nitrophenylessigsäure (Nitrosativer Stress) im Urin bestimmt. Isoprostane entstehen bei der Lipidperoxidation, einer Reaktion zwischen freien Radikalen (reaktive Sauerstoffspezies) und Lipiden. Dadurch gibt deren Konzentration Aufschluss über die individuelle Belastung durch oxidativen Stress.

 

Auch diese Proben können bequem von zuhause aus durchgeführt werden. Preis (Stand Juli 2020): 43,84€ und 85,64€.


Hinweis: Die Links zu den Laboranalysen von medivere:diagnostics sind so genannte Affiliate-Verweise. Durch einen Kauf über diese Links erhalte ich eine kleine Provision. Du unterstützt dadurch meine ehrenamtliche Arbeit für Betroffene (Artikel auf diesem Blog, Videos, Vorträge und Artikel in Fachzeitschriften), ohne dass es für dich auch nur 1 Cent mehr kostet!

Solltest du ausdrücklich mein Projekt nicht unterstützen wollen, möchte ich dir als Mitbetroffener diese Laboranalysen dennoch ans Herz legen. Du kannst sie dann via Mikrobiom Plus und Urintest oStress bestellen. 

 

Sollten deine Ergebnisse nun darauf hindeuten, dass du unter einem Leaky Gut Syndrom (einer gestörten Darmbarriere) und/oder oxidativem Stress leiden könntest, dann spricht alles dafür, dass du von einer NAIOs-Therapie und Ernährungsumstellung profitieren wirst! 

 

Als nächstes widmen wir uns deshalb den genauen Schritten der Behandlung des Chronischen Erschöpfungssyndroms.

 

Die Therapie des Chronischen Erschöpfungssyndroms durch NAIOs und Diät nach Professor Dr. Maes

Bei der Therapieplanung unterscheiden wir grob drei Bereiche:
  1. verbindliche natürliche antientzündliche Substanzen zur Regulierung des Leaky Gut Syndroms (immer)
  2. eventuelle natürliche antientzündliche Substanzen zur Linderung systemischer und intrazellulärer Entzündung (nach Voraussetzung)
  3. Diätetische Maßnahmen zur Regeneration der Darmbarriere (immer)

Obligatorische NAIOs zur Regulierung des Leaky Gut Syndroms

Hier führe ich die Substanzen auf, die von Maes und Kollegen bei jedem Patienten eingesetzt wurden. Bei den vorgeschlagenen Dosen handelt es sich nicht um konkrete Therapiempfehlungen (Ich bin kein Arzt!), sondern um jene Dosierungen, die sich in Studien für den Zweck der Stärkung der Darmbarriere bewährt haben. Nutzt diese Angaben also bitte lediglich als Richtwerte und nehmt eine spezifische Dosisfindung mit eurem Arzt oder Heilpraktiker vor. Generell sollte jede therapeutische Maßnahme von einem guten Mediziner begleitet werden!

 

Täglich einzunehmen sind 

Glutamin

3x 5G

Zink

1x 25 bis 50mg

NAC

2x 750mg


Fakultative NAIOs nach Bedarf

Die folgenden Substanzen wurden von Professor Maes und Kollegen bei bestimmten vorliegenden Pathologien zusätzlich verabreicht. Sie wurden also nicht von allen Patienten eingenommen. Ihre Auswahl richtet sich am besten nach erhobenen Laborwerten (falls vorhanden).

Bei Nachweis von lokalen/systemischen Entzündungen und/oder Mastzellbeteiligung

Für die notwendige Analyse kann auf weitere Parameter zurückgegriffen werden, die im obigen Mikrobiom Plus Stuhltest erhoben worden sind: sIGA, Calprotectin, Alpha-1-Antitrypsin. Für eine Mastzellbeteiligung wären interessant: Histamin im Blut, Methylhistamin im Sammelurin und Tryptase.

 

Quercetin

2x 500mg

Curcumin

2x 500mg


Bei Nachweis eines Mangels oder bei vermuteter Mitochondriopathie (Dosis nach Ausmaß)

L-Carnitin

Coenzym Q10

Taurin

AlphaLiponsäure


Hinweis: Bei den vorgestellten Produkten handelt es sich um Affiliate-Links, d.h. ich bekomme bei einem Kauf über diese Verweise eine kleine Provision von Amazon. Diese Produkte empfehle ich, weil ich sie selbst einnehme, Erfahrung damit habe und sie für gut verträglich halte. Wer mein Projekt nicht unterstützen möchte, kann sich diese oder Präparate mit gleichem Wirkstoff bspw. über die Apotheke besorgen! 

 

Heilkost zur Regeneration der Darmbarriere

Ein weiterer unerlässlicher Baustein in Professor Maes Behandlungsansatz für CFS/ME-Betroffene ist die richtige, das Mikrobiom begünstigende und die Darmbarriere regenerierende Ernährung. Die Wissenschaft konnte in den letzten Jahren viele Komponenten identifizieren, welche die Durchlässigkeit der Darmbarriere (meist) ungünstig beeinflussen. Leider sind es genau jene Makronährstoffe und Zusatzstoffe, welche wir Menschen der westlichen Welt verstärkt konsumieren (siehe oben: das Chronische Erschöpfungssyndrom als Erkrankung der Moderne). Aus diesem Grund ist es notwendig, dass du die folgenden Lebensbestandteile eliminierst (Gluten, Zucker, künstliche Zusatzstoffe) oder zumindest stark reduzierst (gesättigtes Fett), während du andere verstärkt zu dir nehmen solltest (v.a. Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe, Omega-3-Fettsäuren). 

 

Hier präsentiere ich nur eine kurze Zusammenfassung der wissenschaftlichen Datenlage zur "Leaky Gut Diät". Eine vertiefende Abhandlung findet sich etwa bei Camilleri und Kollegen (Camilleri et al.,2019). 

  1. Das Klebeprotein Gluten (u.a. in Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel) sollte vorerst vollständig gemieden werden!
    1.  Gluten nimmt Einfluss auf die tight-junction-Proteine und vergrößert dadurch die Permeabilität der Darmbarriere selbst bei gesunden Menschen. Während bei letzteren aver die vermehrte Durchlässigkeit nur vorübergehend ist, reagieren Betroffene von Reizdarmsyndrom, Fibromyalgie, CFS und besonders NZGS deutlich sensibler (für RDS z.B. Vazquez-Roque et al.,2013; für CFS/ME z.B. Uhde et al.,2018). Die Darmbarriere bleibt langfristig ungünstig verändert. Dieser Zustand wurde in verschiedenen Studien vor allem auch mit Erschöpfungszuständen assoziiert.
    2. Besonders gut nachgewiesen ist dieser Mechanismus für Menschen, die unter der genetischen Prädisposition für eine Zöliakie leiden (HLA-DQ2/8), aber nicht an einer Zöliakie erkrankt sind (Gesamtbevölkerung: 20-40%; Zöliakie: 99%, Reizdarm (Durchfall): 65%). 
  2. Industriezucker (und alle möglichen Alternativprodukte) sowie Fruchtzucker in größeren Mengen (natürlich z.B. in Fruchtsäften, Honig, Trockenfrüchten usw.) sollten vollständig vermieden werden. Fruchtzucker sollte nur in seiner ursprünglichen Form (Gemüse und ganzes Obst - also in Kombination mit Ballaststoffen etc.) aufgenommen werden. 
    1. Die negativen Auswirkungen einer Hyperglykämie (unabhängig von Diabetes und Übergewicht) auf die Darmbarriere sind sehr gut belegt (z.B. Thaiss et al.,2018). So zeigen Menschen mit einem aufgrund hohen Zuckerkonsums schlecht regulierten Blutzuckerspiegel erhöhte Konzentrationen von Darmbakterien in inneren Membranen der Darmwand, was für einen Verlust der Abwehrfähigkeit der Darmbarriere spricht. 
    2. Besonders eine hohe Fruchtzuckeraufnahme steht mit einer kurzfristigen Abnahme der Barrierefunktion und einer starken Translokation von Lipopolysacchariden in Zusammenhang (genau diesen Vorgang wollen wir ja vermeiden!). 
  3. Künstliche Geschmacks-, Farb- und Konservierungsstoffe, Emulgatoren usw. sollten Betroffene meiden, wie der Teufel das Weihwasser! Die Nahrungsmittel sollten so naturbelassen wie möglich sein. 
    1. Die barriereschädigenden Eigenschaften sind für zahllose, durch die Lebensmittelindustrie künstlich erschaffene, Zusatzstoffe nachgewiesen worden. Als Beispiele sollen hier etwa der weit verbreitete Emulgator und Stabilisator Polysorbat 80 angeführt sein (Chassaing et al.,2015), aber auch verschiedene Lecithine usw. (Hamid et al.,2009). 
  4. Gesättigte Fette (in Butter, Sahne, Fleisch, Eiern usw.) sollten ebenfalls vermieden oder zumindest stark reduziert werden. 
    1. Sie vermindern stark die Barriereleistung und provozieren drastisch erhöhte LPS-Konzentrationen im Blutkreislauf (Fulop,2018). Im Gegensatz hierzu hilft etwa hochwertiges Olivenöl, die Effekte der Endotoxämie abzufedern. 
  5. Eine der wichtigsten Empfehlungen zur diätetischen Stärkung der Darmbarrierenfunktion ist der Verzehr von mehr Ballaststoffen. Hier ist aufgrund der oft vorgeschädigten Mikrobiomstruktur oder Funktionsweise des Darms im Rahmen des Chronischen Erschöpfungssyndroms behutsam vorzugehen, um keine gastrointestinalen Beschwerden zu provozieren! Die Ballaststoffaufnahme sollte über mehrere Wochen oder gar Monate auf bis zu 40g pro Tag (Mann) oder 30g pro Tag (Frau) gesteigert werden.
    1. Für diese Intervention liegt bezüglich der Darmbarriere die stärkste Evidenz vor (bspw. Makki et al.,2018) und kann zum überwiegenden Teil auf die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren im Darm zurückgeführt werden. 
  6. Weiterhin muss empfohlen werden, Mahlzeiten mit einer hohen Nährstoffdichte auszuwählen, also Lebensmittel, die im Verhältnis zu ihrer Energiemenge (Kilokalorien) sehr viele Mineralstoffe und Vitamine enthalten. Dies geschieht durch die Vermeidung von Zucker, Gluten und gesättigten Fetten schon zu einem Teil von selbst!
    1. Verschiedene Mikronährstoffe sind bei einem Mangel negativ und bei ausreichender Zufuhr positiv mit der Integrität der Darmbarriere assoziiert. Prominente Beispiele wären Zink, Vitamin A, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren (De Santis et al.,2015). 

Die modifizierte Mediterrane Kost

Was machen wir nun aus dieser wissenschaftlichen Evidenz zur Ernährungstherapie? Was kommt konkret auf unsere Teller? Ich empfehle meinen Lesern und Zuschauern wärmstens eine modifizierte Form der Mediterranen Kost. Letztere zeichnete sich in unzähligen Studien und Metaanalysen durch ihre hohe Sicherheit und protektiven Effekte gegenüber Diabetes, Herzkreislauferkrankungen und auch Depressionen aus, ist also auch ohne die Wirkungen auf die Darmbarriere jeden Bissen wert! Zusätzlich müssen wir noch einige "Verbesserungen" vornehmen, um sie unserem Ziel (Regeneration der Darmbarriere) anzupassen. 

  1. Die Grundlage bilden jede Menge buntes Gemüse, Nüsse, Samen, Beeren und glutenfreie Vollkorngetreide (glutenfreier Hafer, brauner Reis, Hirse, Buchweizen usw.) sowie Hülsenfrüchte (je nach Verträglichkeit; Kichererbsen, Linsen etc.)
  2. Ergänzt wird diese Basis durch reichlich Olivenöl, Leinöl und Kräuter.
  3. Zwei oder drei Portionen Obst als Nachtisch oder Snack pro Tag.
  4. Milchprodukte kommen bspw. als selbst fermentierter probiotischer Joghurt oder (seltener) Käse auf den Tisch. 
  5. Zwei- bis dreimal die Woche ergänzen wir Omega-3-reichen Fisch oder Meeresfrüchte. 
  6. Fleisch, Eier usw. sollten nur selten verzehrt werden. Ist dies der Fall sollte v.a. auch auf Innereien zurückgegriffen werden (wegen der hohen Nährstoffdichte). 
  7. Ich empfehle beim CFS eine Makronährstoffverteilung von ca. 30% KH, 10-15% Protein und 55% Fett (ausschließlich aus gesunden Quellen), da bei CFS/ME regelmäßig eine Verschiebung des KH-Metabolismus stattfindet. Viele Betroffene kommen deshalb besser mit weniger oder moderat Kohlenhydraten zurecht. 
  8. Die Ballaststoffzufuhr ist bei der Einbeziehung von Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkorngetreiden meist unproblematisch zu decken. 

Ein letzter wichtiger Hinweis zur Ernährungsplanung!

Möchtest du die oben beschriebenen Tipps in die Praxis umsetzen, solltest du unbedingt noch folgenden Hinweis beachten: Das Schrauben an diesen Reglern der physiologischen Barrierefunktion wird nicht von Erfolg gekrönt sein, wenn du mögliche Drittvariablen nicht konsequent ausgeschlossen hast! Hier ist besonders das häufige Vorhandensein von Lebensmittelallergien beim Chronischen Erschöpfungssyndrom herauszustreichen (z.B. Loblay et al.

So kannst du alle NAIOs regelmäßig einnehmen und dich perfekt an die Vorgaben der modifizierten Mediterranen Kost halten. Bist du aber bspw. allergisch gegen eine oder gleich mehrere Komponenten in deiner täglichen Ernährung (z.B. Kasein aus Joghurt oder Nussproteine), dann wirst du deine Darmbarriere nicht regenerieren, sondern ihr weiter schaden. 

 

Lass dich also unbedingt auf Nahrungsmittelallergien von deinem Gastroenterologen oder einem Allergologen testen (Prädiktor: Gesamt-IgE, bei Verdacht: spez. IgE, Darmlavage oder Salicylattest).  Hast du keinen zugewandten Arzt, gibt es auch eine Möglichkeit der Privatdiagnostik mittels Fingerkuppenblut. (Aber erst einmal sollen die Krankenkassen etwas für ihre Beiträge tun!)

 

Puh, geschafft! Aber das Thema ist eben auch ein sehr komplexes ... Nun bleibt mir nur noch, dir zu wünschen, dass du die nächste Erfolgs- oder Gesundungsgeschichte in einem Blogpost oder Video wirst! Niemand hat diese Erkrankung verdient. Auch wenn nicht jeder "ein Wunder erleben wird", Verbesserungen SIND möglich und KÄMPFEN lohnt sich auf jeden Fall!

 

Alles Liebe und beste Gesundheit - euer Thomas

 

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