Ja, ich weiß, was du jetzt denkst: Bitte nicht noch ein Artikel eines Nicht-Virologen zum Thema Corona! Das ist wirklich das Allerletzte, was die Welt zu diesem Zeitpunkt benötigt. Und damit hast du natürlich absolut recht. Allerdings glaube ich, dass sich dieser Artikel hier grundsätzlich von allen unterscheidet, die du bisher zu diesem Thema gelesen hast. Weder möchte ich hier meine subjektive Meinung über die Gefährlichkeit des Virus, noch über den Sinn oder Unsinn von Corona-Schutzmaßnahmen kundtun.
Ich glaube aber felsenfest daran, dass ich jenen Menschen da draußen wirklich helfen kann, welche nach einer akuten Infektion mit dem Corona-Virus mit dem so genannten Long Covid Syndrom oder auch Post Covid Syndrom gestraft sind. Warum gerade ich dazu befähigt sein sollte, fragst du? Ganz einfach: Weil ich jahrelang unter zwei Erkrankungen litt, welche in ihren Symptomen und Teilen ihrer Pathogenese dem Long Covid Syndrom maßgeblich ähneln: dem Chronic Fatigue Syndrom bzw. der Myalgischen Enzephalomyelitis (CFS/ME) und dem systemischen Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS). Durch umfangreiche Recherchen in wissenschaftlichen Datenbanken und harte Arbeit mit natürlichen Interventionen ist es mir aber schließlich gelungen, nicht nur meine Beschwerden erfolgreich zu behandeln, sondern nachprüfbar stark erhöhte Entzündungsmarker zu normalisieren und sogar strukturelle Veränderungen wie eine Schwellung von Leber und Milz, eine Herzschwäche und eine Colitis rückgängig zu machen.
Und was hat das alles mit dem Long Covid Syndrom zu tun? Erste verfügbare Studien zu diesem Krankheitsbild legen nahe, dass es sich beim Post Covid Syndrom um ein verwandtes oder sogar identisches Phänomen handeln könnte, wie beim Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS), der Systemischen Mastozytose (SM) oder dem Chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS/ME)[9], wofür ich dir weiter unten einige wissenschaftliche Belege liefern werde. Zwei Schlussfolgerungen können wir aus diesem Umstand ableiten. Die Negative zuerst: Es handelt sich bei allen genannten Erkrankungen um "harte" Diagnosen mit intensiven, heterogenen Beschwerden und erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität, an denen die Schulmedizin regelmäßig verzweifelt[19]. Die gute Nachricht lautet aber, dass für CFS/ME, SM und MCAS und somit vermutlich auch Long Covid evidenz-basierte, nebenwirkungsarme und natürliche Interventionen verfügbar sind, welche eine effektive Behandlung der Symptome ermöglichen und sogar eine Umkehr des Krankheitsprozesses (=Heilung) induzieren können. Letzteres beweist nicht nur mein n=1-Versuch, sondern legen auch zahlreiche Studien bei Mastzellaktivierungserkrankungen oder auch CFS/ME nahe[1][2][3][4][5].
Nach einer kurzen Übersicht über das Long Covid Syndrom und seine Parallelen zu MCAS und CFS/ME werde ich dir diese natürlichen Methoden nennen und ihre Funktionsweise erläutern.
Inhaltsverzeichnis: Die Therapie des Post Covid Syndroms
Was ist das Long Covid Syndrom bzw. Post Covid Syndrom?
- Das Vorhandensein eines Symptoms oder mehrerer Symptome parallel, die sich zumeist auf unterschiedliche Organsysteme beziehen, nach dem Abklingen der eigentlichen, meist auf das Atemsystem begrenzten (Ausnahmen: MIS-C und MIS-A) akuten Covid19-Erkrankung - ein so genanntes "postvirales Syndrom". (Augenscheinliche Parallele: "Postvirales Müdigkeitssyndrom" - CFS/ME)
- Das übermäßige Andauern der tatsächlichen, durch den Coronavirus hervorgerufenen, Erkrankung Covid19 mit akuten Verläufen von über drei Wochen.
Im Kontext dieses Artikels beziehe ich mich ausschließlich auf das erstgenannte Phänomen, also das Auftreten verschiedener, besonders aber neuropsychiatrischer, chronischer Symptome wie Erschöpfung, Brain Fog, Konzentrations- und Wortfindungsstörungen mehrere Wochen nach Abklingen der eigentlichen Covid19-Symptomatik im Sinne eines postviralen Syndroms. Zu letzterer Kategorie zählen auch das Chronische Erschöpfungssyndrom bzw. die Myalgische Enzephalomyelitis und verschiedene lokale und systemische Mastzellaktivierungssyndrome. So finden wir ein gesteigertes Risiko für die Entstehung für CFS/ME nach problematischen Verläufen einer EBV-Infektion[7], oder nach einer kritischen "Magen-Darm-Grippe" (in unserem hier behandelten Kontext meist ausgelöst durch das Norovirus) eine massiv steigende Wahrscheinlichkeit für die nachfolgende Diagnose des Reizdarmsyndroms mit Mikroentzündungen und chronischer Immunaktivierung, genannt PI-RDS[8].
In diesem Sinne wäre es eindeutiger und trennschärfer bei neuen chronischen Beschwerden Wochen nach einer abgelaufenen Covid19-Erkrankung statt dem verbreiteteren "Long Covid" die Begriffe "Post Covid Syndrom" (U09.9) oder eben auch "postvirales Müdigkeitssyndrom" (G93.3) zu verwenden. Trotz des eher harmlosen Klangs letzterer Diagnose, welche oft synonym für CFS/ME genutzt wird, inkludiert sie jedoch alle gängigen Symptome des Post Covid Syndroms (siehe nächster Abschnitt).
Was sind häufige Symptome bei Long bzw. Post Covid?
- Angioödeme
- Bauchschmerzen und andere gastrointestinale Beschwerden
- Benommenheit mit Präsynkope oder Synkope
- Brain Fog
- Durchfall
- Dysautonomie des vegetativen Nervensystems
- Erschöpfung bzw. Fatigue
- Gedächtnisverlust
- Gelenkschmerzen
- Hautausschläge
- Herzrhythmusstörungen
- Hypotonie (niedriger Blutdruck)
- Kopfschmerzen
- Kurzatmigkeit
- Myalgie (Muskelschmerzen)
- Nesselsucht bzw. Urtikaria
- Palpitationen (als ungewöhnlich wahrgenommene Herzsensationen)
- (körperliche) Schwäche
- Schwindelgefühl
- verminderte Toleranz gegenüber körperlichen und psychischen Stressoren
- Verwirrung
- Wortfindungsstörungen
Für Menschen, die sich vorher noch nie wirklich Sorgen um ihre Gesundheit machen mussten, wird diese umfassende Liste sicherlich dramatisch zu lesen sein. Schließlich zeigen verschiedene Untersuchungen, dass die meisten Post-Covid-Betroffenen nicht nur von einem Symptom dieser Aufzählung betroffen sind, sondern von gleich mehreren gleichzeitig[6]. Wir sprechen dann von einem "multiorganischen" oder "systemischen" Geschehen.
In einer italienischen Studie waren auch 60 Tage nach der eigentlichen Covid19-Erkrankung nur 12,6% der Probanden ohne Symptome[12]. Knapp 55% der an einem Post Covid Syndrom leidenden Probanden zeigten drei oder mehr der typischen Beschwerden, zumeist Erschöpfung, Atemnot und Gelenkschmerzen.
Zwischenbemerkung: Berechtigte Ängste und unbegründete Panik
Ich bitte also alle Betroffenen erst einmal, die Kirche im Dorf zu lassen und sich ausführlich über die Pathophysiologie und Behandlungsmöglichkeiten ihrer Erkrankung zu informieren! Oft entsteht die schiere Verzweiflung, aus welcher solche doch etwas kruden Statements entspringen, aus dem Glauben (und den Aussagen mit dem Thema postviraler Erschöpfung nicht vertrauter Allgemeinmediziner), das Long Covid Syndrom sei ein unabänderliches Schicksal und die Betroffenen müssten nun den Rest ihres Lebens im dichten Brain Fog umherstochern, gegen Muskel- und Gelenkschmerzen kämpfen und nach jedem Einkauf ein Erholungsschläfchen halten. Doch dem ist nicht so!
Natürlich ist ein postvirales Syndrom kein Zuckerschlecken. Vermutlich würde sich auch niemand bewusst für eine solche Diagnose entscheiden, wenn er denn die Wahl hätte. Denn ich will ganz ehrlich zu dir sein: die Beschwerden sind manchmal einfach überwältigend, greifen massiv in die Lebensqualität und Lebensführung ein und (vielleicht am problematischsten) es gibt keine einfachen medikamentösen Lösungen, um die Symptome dauerhaft zu managen. Auf deutsch: Du wirst hart an dir und deinem Lebensstil arbeiten müssen, möchtest du Long Covid wieder loswerden! Eine Pille schlucken und auf ein besseres (verloren gegangenes) Leben hoffen, wird nicht funktionieren ...
Allerdings zeigt die Evidenz aber auch, dass wir diese Erkrankungen mit Lebensstilveränderungen wie Ernährungsumstellung, gezielter Supplementation, Stressmanagement usw. therapeutisch in den Griff bekommen können[4][10][11]. Außerdem erlebt ein großer Teil der betroffenen Patienten spontane und therapeutisch induzierte Remissionen ihrer Beschwerden, einige Glückspilze sogar andauernde Beschwerdefreiheit[12]. Niemand ist diesem Zustand also auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, das verspreche ich dir schon einmal! Und ich spreche aus Erfahrung, denn schließlich kenne ich die allermeisten Beschwerden dieser unangenehm langen Liste aus einer ganz persönlichen und intensiven Beziehung - von täglichen wässrigen Durchfällen, über die lähmende Erschöpfung, welche mich wochen- und monatelang an die eigenen vier Wände fesselte, bis zum Aufwachen mit blauem Auge und Fahrten in die Notaufnahme nach spontanen Synkopen ... nur dass bei mir kein Coronavirus, sondern ein heftiger (und später reaktivierter) Epstein-Barr-Virus für die Misere verantwortlich war.
Wie häufig sind Long Covid bzw. Post Covid Syndrom?
Eine der bisher verlässlichsten Datenquellen bezüglich der tatsächlichen Häufigkeit von Long Covid auch nicht-hospitalisierter Patienten (also jener Covid19-Betroffenen, die nicht stationär im Krankenhaus behandelt werden mussten oder sogar auf einer Intensivstation versorgt werden mussten) ist eine im April 2021 im Fachblatt Nature publizierte Studie mit über 4.000 Covid19-Patienten, welche ihre (teils anhaltenden) Symptome via App berichteten[16]. 13,3% dieser Probanden berichteten anhaltende Symptome über einen Zeitraum von über einem Monat, 4,5% von über zwei Monaten und schließlich 2,3% von über drei Monaten. Zu den am häufigsten berichteten Beschwerden gehörten auch in dieser Untersuchung Erschöpfung bzw. Fatigue, Kopfschmerzen und Atemnot.
Die Häufigkeit des Long Covid bzw. Post Covid Syndroms hängt also unmittelbar von verschiedenen Risikofaktoren ab. Besonders einflussreich ist der Faktor der Hospitalisierung, welcher die Betroffenenquote auf über 80% anwachsen lassen kann, während sie über alle Betroffenengruppen auf zirka 30-35% geschätzt wurde[14] und in app-basierten Analysen (viele nicht-hospitalisierte Patienten) sogar auf einstellige Prozentwerte sank[16].
In jedem Fall erwarten internationale Forscherteams einen zukünftigen Ansturm von Long Covid Patienten auf die Facharztpraxen und Long Covid Ambulanzen bzw. spezialisierte Rehabilitationskliniken[6]. Ohne jetzt tiefer auf die Schwierigkeiten bei der Differenzierung von Infizierten, Positiv-Getesteten und Erkrankten einzugehen, kann man die konservativ geschätzten Prävalenzen einmal anschauungshalber auf die deutschen Zahlen umlegen. Mit Stand Mai 2021 könnten dann bereits annähernd 100.000 Menschen hierzulande vom Post Covid Syndrom (>3 Monate) betroffen sein. Damit erreicht das Ausmaß von Long Covid bereits jetzt die unteren Grenzen der europäischen Prävalenzen für CFS/ME[20] und wird diese mit steigenden Erkrankungszahlen vermutlich deutlich überschreiten. Verstärkt werden die Probleme zusätzlich dadurch, dass sich bisher nur wenige Spezialkliniken der Behandlung postviraler Störungen widmen und Engpässe bei der Versorgung der Patienten beinahe vorprogrammiert scheinen. Auch aus diesem Grund liegt mir die Vermittlung selbst anwendbarer und sicherer Behandlungsstrategien besonders am Herzen!
Risikofaktoren für Post-Covid bzw. Long Covid
- ein hohes Lebensalter[16]
- Diabetes mellitus Typ I + II[21]
- höherer Blutzucker bzw. Insulinresistenz[21]
- Herz- und Nierenerkrankungen[21]
- Übergewicht bzw. ein höherer BMI[16]
- weibliches Geschlecht[16]
- mehr als fünf verschiedene Symptome in der akuten Covid19-Phase[16]
- Multi Inflammatory Syndrome (MIS-A/MIS-C: mehrere Organsysteme sind akut entzündlich betroffen, Symptomatik neben den "klassischen" Symptomen der Atemwege)[17]
Auch an diesem Punkt möchte ich darauf verweisen, dass die bisher etablierten Risikofaktoren sich mit jenen der Immunaktivierung bspw. nach einer Gastroenteritis (PI-RDS) überschneiden - weibliches Geschlecht, schwerer Verlauf mit mehr Symptomen etc[18]. Ich bin mir sicher, dass in naher Zukunft auch Stresserleben, Ängste und andere psychiatrische Herausforderungen zum Zeitpunkt der Infektion als mögliche Übeltäter entlarvt werden können (Psychoneuroimmunologie im Rahmen von CFS/ME, MCAS/SM, PI-RDS).
Was steckt hinter den Symptomen von Long Covid?
Oder wie bereits Louis Pasteur (1822-1895), einer der Väter der Mikrobiologie, formulierte:
"Die Mikrobe ist nichts. Das Milieu ist alles!"
Doch diese Erkenntnis nützt uns allenfalls etwas, wenn wir uns mit der Prävention einer Covid-Erkrankung beschäftigen wollen. Bestehen hingegen bereits die Symptome eines Post Covid Syndroms kann sie zwar zu einer interessanten Einsicht führen, ist aber für therapeutische Schlüsse recht unbrauchbar. Um uns der effektiven Therapie von Long Covid anzunähern, müssen wir stattdessen die Pathophysiologie des Post Covid Syndroms betrachten! Unsere leitende Frage muss also lauten: "Welche biochemischen Prozesse und strukturellen Veränderungen setzt der Coronavirus im Zusammenspiel mit einem dysfunktionalen Milieu in Gang, welche schließlich zu den vor allem neuropsychiatrischen Beschwerden von Long Covid führen?" Gelingt es uns, diese Frage zufriedenstellend zu beantworten, können wir uns damit beschäftigen, wie wir diese Prozesse beeinflussen können, um die Symptome von Long Covid zu lindern!
Was passiert also im Rahmen einer Covid19-Erkrankung, das das Zentrale Nervensystem (ZNS) dauerhaft schädigt und für Long Covid prädestiniert? Zum einen wissen wir, dass die Zellen der Mikroglia neben anderen Hirnzellen zu den Zielzellen des Coronavirus gehören[22]. Mikroglia sind multifunktionale Gliazellen (=Zellen, die sich strukturell und funktionell von den Neuronen abgrenzen lassen) im Parenchym des ZNS. Durch verschiedene Trigger (inzwischen erwiesenermaßen auch eine Coronainfektion) kann die Mikroglia überaktiviert werden und setzt dann proentzündliche Faktoren frei. Dadurch wird umliegendes gesundes Nervengewebe zerstört und die sterbenden Neuronen setzen dann wiederum Faktoren frei, welche die Mikroglia erneut bzw. vermehrt aktivieren[23]. Durch diesen Teufelskreislauf kommt es zu einem progressiven Verlust von Nervengewebe. Dieser Prozess der fortschreitenden Neuroinflammation ist im Rahmen vieler neurodegenerativer Erkrankungen gut belegt, etwa bei der Alzheimer Erkrankung, dem Parkinson Syndrom und auch der amyotrophen Lateralsklerose (ALS).
Die Covid19-Erkrankung wirkt sich weiterhin auf die Funktionen der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse) aus[24]. Via diesen Mechanismus kann sie zum einen Erschöpfungszustände begünstigen und emotionale Instabilität fördern, während sie andererseits die Aktivierung spezifischer Immunzellen, so genannter Mastzellen, begünstigt.
Die Zellen der Mikroglia besitzen außerdem Rezeptoren für das Polypeptid CRH (Corticotropin Releasing Hormone), was sie empfänglich für eine zusätzliche indirekte Aktivierung durch den erlebten körperlichen und psychischen Stress im Rahmen einer Covid-Erkrankung macht[25].
Doch damit nicht genug der schlechten Nachrichten! Die Zellen der Mikroglia stehen in engem Austausch mit den weiter oben bereits erwähnten Mastzellen. Mastzellen sind an vielen Funktionen des Immunsystems beteiligt. Besonders bekannt sind sie aber für ihre tragende Rolle bei allergischen Erkrankungen. Mastzellen sind Träger zahlreicher proentzündlicher Botenstoffe. Die bekanntesten unter ihnen, Heparin, Histamin und Tryptase, werden nach Aktivierung der Mastzellen kurzfristig freigesetzt, während viele Zytokine (darunter v.a. IL6, IL1beta und TNF), Chemokine und Leukotriene neu synthetisiert und verzögert ausgeschüttet werden. Im Zusammenspiel mit der aktivierten Mikroglia (welche ihrerseits ebenfalls IL6, IL1beta und TNF freisetzt) erhöhen die Mastzellen die neuroinflammatorische Last und sorgen dadurch für kognitive Dysfunktionen[26].
Ein weiterer wichtiger Pfad bei der Entstehung der Long Covid Symptome ist das "Aufweichen" (Hyperpermeabilität) der Blut-Hirn-Schranke. Die Eigenschaft der proentzündlichen Mediatoren der Mastzellen und Mikroglia (v.a. IL6), die vaskuläre Permeabiliät (Durchlässigkeit) zu erhöhen ist gut belegt[27]. Genau dies könnte auch im Rahmen einer Coronainfektion durch die Aktivierung von Mastzellen und Mikroglia erfolgen. Hierdurch verstärken sich Neuroinflammation und Neurodegeneration noch weiter, da nun plötzlich virale Bestandteile und Zytokine in das Gehirn gelangen.
Ein kurzes Fazit zur möglichen Pathophysiologie von Long Covid
- Mikroglia gehört zu den Zielzellen des Coronavirus (direkter Pfad)
- aktivierte Mikroglia setzt entzündliche Botenstoffe frei und zerstört gesundes Nervengewebe
- Mikroglia kommuniziert mit Mastzellen und aktiviert diese, es kommt ebenfalls zur Freisetzung vielfältiger proentzündlicher Faktoren
- IL6 & CRH machen die Blut-Hirn-Schranke durchlässiger für virale Partikel und Zytokine, was die Entzündungslast weiter erhöht
- der Stress durch die Infektionserkrankung aktiviert zusätzlich (via CRH) Mikroglia und Mastzellen (indirekter Pfad)
- aus Neuroinflammation und progressivem Gewebeverlust resultiert Neurodegeneration und kognitive Dysfunktion
MCAS, CFS/ME und die Long Covid Arbeitshypothese
Und das beste daran? Diese Aktivierung der spezifischen Immunzellen lässt sich kurzfristig pharmakologisch und langfristig durch natürliche Interventionen effektiv vermindern, was in mitunter deutlich reduzierten Beschwerden resultiert[32][33][34][35][36].
Kommen wir also nach all den theoretischen Abhandlungen zu jenem Punkt, auf welchen du mit Sicherheit schon seit Beginn der Lektüre wartest: Der praktischen Therapie des postviralen Long Covid Syndroms! (Allerdings konnte ich dir die wissenschaftliche Rationale hinter meinen Behandlungsvorschlägen nicht ersparen. Schließlich musst du verstehen, warum wir gleich über Polyphenole, Antidepressiva und ketogene Ernährung bzw. Fasten sprechen werden!)
Die mastzell-orientierte Therapie von Long Covid
- Mastzellen stabilisieren (v.a. jene im Gehirn)
- Triggerfaktoren meiden (v.a. die Stressreaktivität vermindern wg. CRH)
Nun könnte ich allein über die natürlichen Möglichkeiten der Mastzellstabilisation (dazu gehören so ganzheitliche Anwendungen wie Fasten, Ketose, Kälteanwendungen, ballaststoffreiche Ernährung, eine verbesserte Darmflora etc.) und als Psychologe natürlich auch über die Psychohygiene ganze Bücher verfassen. Um meine Empfehlungen aber möglichst praktisch und übersichtlich zu gestalten, werde ich sie noch einmal in zwei Unterpunkte gliedern: kurzfristige und langfristige Interventionen. Als erstes werde ich dir einige kurzfristige (pharmakologische) Ansätze vorstellen, um dir das zu bieten, nach was du dich wohl derzeit am meisten sehnst: eine schnelle Verbesserung deiner Beschwerden!
1. Kurzfristige Therapieansätze bei Long Covid
Mein persönlicher Tipp wäre deshalb, dass du dich mit Hilfe dieser Supplemente stabilisierst und in die Lage versetzt, an deinem Lebensstil zu arbeiten. Einige der erwiesenermaßen funktionierenden natürlichen Interventionen (Fasten, Kälteanwendungen) setzen eine gewisse "Grundrobustheit" voraus, welche viele Betroffene von CFS/ME, MCAS oder auch Long Covid (noch) nicht haben. Dabei können diese Wirkstoffe bestens behilflich sein!
Welche Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente können also bei Long Covid Symptomen wie Erschöpfung, Müdigkeit, Brain Fog, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisverlust und Wortfindungsstörungen helfen? (Bitte beachten: Einige der bekanntesten Mastzellstabilisatoren wie DNCG und Ketotifen kommen in dieser Liste nicht vor, da ihre typische Applikation bisher kaum auf ihre Effekte im Gehirn untersucht wurde.)
- Quercetin[35][37], ein Polyphenol, welches sich natürlich in Zwiebeln, Äpfeln und Brokkoli finden lässt
- Luteolin[34][37], ebenfalls ein Polyphenol findet man in der Natur in Petersilie, Artischockenblättern und Olivenöl
Auch wenn diese Nahrungsergänzungsmittel eher "mild" anmuten könnten, ihre mastzellstabilisierende Wirkung ist gut belegt und übertrifft sogar jene der klassisch eingesetzten Medikamente DNCG, Ketotifen usw., da sie nicht nur die Freisetzung der gespeicherten Mediatoren hemmen, sondern auch die Synthetisierung weiterer[38].
Neben ihrer hohen Effektivität weisen die beiden Polyphenole auch ein gutes Sicherheits- und Risikoprofil auf und wurden in klinischen Studien hinsichtlich ihrer Wirkung bei neuroinflammatorischen und neurodegenerativen Prozessen getestet. Sie wären also meine erste Wahl.
Quercetin
Typische Dosis in den Studien (z.B. kognitive Dysfunktion bei Neurodegeneration): 2x500mg/d
Luteolin
Typische Dosis: 1x200mg/Tag
Hochwertiges Luteolin ist ein sehr kostspieliges Supplement, welches bisher nur von wenigen Herstellern produziert wird (vielleicht ändert sich das mit Long Covid). Vergleichbare Produkte für einen geringeren Preis enthalten dabei oft nur 50mg Luteolin pro Kapsel, schneiden also im Monatsdurchschnitt ökonomisch schlechter ab.
Sollten beide natürlichen Mastzellstabilisatoren innerhalb von ein bis zwei Monaten keine signifikanten Wirkungen zeigen, könntest du auch mit einer "härteren Keule" experimentieren. Es wäre definitiv nicht mein persönlicher Weg und es gilt auch Nebenwirkungen und Nutzen abzuwägen. Dennoch möchte ich dir diese Option nicht vorenthalten, denn die Studien zeigen nun einmal, dass es funktioniert.
- Amitriptylin[39][40][41], ein trizy10klisches Antidepressivum (TZA), welches in geringen Dosen mastzellstabilisierend wirkt und eine geringere Wirkung auf die Hirnchemie zeigt; typische Dosis in Studien mit CFS/ME, Fibromyalgie und PI-RDS: 10 bis max. 75mg/d
Hierbei sollte betont werden, dass das TZA in diesen geringen Dosen kaum antidepressive und angstlösende Wirkungen entfaltet. Eine symptomatische Verbesserung ist also keineswegs allein einer Verbesserung des psychischen Zustands geschuldet. Die Patienten sollten das Funktionieren dieser Intervention also keineswegs für einen Beleg der Hypothese vieler Ärzte halten, postvirale Symptome entstehen hauptsächlich "im Kopf" (Das tun sie natürlich, aber eben via Mastzellen und Mikroglia im Hypothalamus und nicht, weil die Betroffenen "wehleidig" wären oder sich alles "zu sehr zu Herzen nehem").
2. Langfristige Therapieansätze bei Long Covid
Da die Beschreibung der einzelnen Methoden und ihrer therapeutischen Funktionsweise den Rahmen dieses ohnehin schon langen Artikels sprengen würde, erlaube ich mir, die Verfahren lediglich kurz zu nennen und auf bereits vorhandene Artikel und Videos von mir zu diesen Themen zu verweisen bzw. einige wissenschaftliche Referenzen anzufügen. Bitte beachte, dass einige der vorgestellten Therapieansätze potenzielle Gefahren bergen können und deshalb mit einem erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker abgestimmt werden sollten!
Diese langfristigen und nachhaltig wirksamen Behandlungsmethoden können deine Beschwerden nicht nur reduzieren, sondern den Krankheitsprozess über Monate und Jahre rückgängig machen, indem sie die Entzündungslast senken, die chronische Immunaktivierung drosseln und dysfunktionale Zellen austauschen und gänzlich neue generieren. Ja, du hast richtig gelesen!
Was kannst du also tun?
- Deine Ernährung umstellen! Ketogene Kost, reichlich Ballaststoffe und eine hohe Nährstoffdichte stabilisieren deine Mastzellen dauerhaft ohne Medikamente[43][44][45]
- Regelmäßig Scheinfasten! Kurzzeitige Scheinfastenintervalle reduzieren Entzündungen, produzieren neue Stammzellen und tauschen dysfunktionale Immunzellen gegen neue funktionstüchtige aus[46][47]
- Täglich meditieren! Regelmäßige Meditation vermindert deine Stressreaktivität, vermindert die Ausschüttung von CRH und dadurch die Aktivierung von Mastzellen und Mikroglia[48]
- Kälteanwendungen in deinen Alltag integrieren! Kälte stabilisiert die Mastzellen, fördert das Immunsystem und vermindert Mastzellmediatoren wie Histamin und TNF[49][50]
- Deine Schlafhygiene verbessern! Ein abgedunkelter Raum, längere Schlafzeiten, frühes Zubettgehen ohne blaues Licht am Abend stärken dein Immunsystem und synchronisieren deine Mastzellen[51]
- Beginne nur behutsam mit anstrengenden körperlichen Aktivitäten wie Sport! Zu frühe Belastungen können deine Mastzellen zur weiteren Degranulation veranlassen[52]
Nun, mir ist durchaus bewusst, dass das mitunter ganz schön viel Input auf einmal sein kann. Vielleicht könnten wir diese Empfehlungen auf die Kernbotschaft herunterbrechen: Führe ein möglichst natürliches, artgerechtes Leben in Harmonie mit deinem Körper! Iss viel qualitativ hochwertiges Fleisch und Fisch, Nüsse, Samen und Kerne, reichlich Olivenöl, viel buntes und vor allem auch grünes Gemüse, Beeren, etwas Obst, schlafe viel und gut, dusche kalt und kümmere dich danach um deine psychische Gesundheit. Klingt doch gar nicht so kompliziert, oder?
Damit du aber einen Anfang auf diesem Weg findest, habe ich noch einige Ressourcen als Empfehlungen für dich:
Ernährung
Scheinfasten
Meditation
Kälte
Schlaf
Ich wünsche dir von ganzen Herzen, als langjähriger Mitbetroffener, der alle deine Ängste, Sorgen und Schmerzen teilte, gute Besserung und bestes Gelingen beim Kampf gegen deine Beschwerden! Du schaffst das! Da bin ich mir sicher.
Sollte dir der Inhalt dieses Artikels gefallen haben und du glaubst, dass auch andere Betroffene davon profitieren könnten, dann würde ich mich freuen, wenn du mir hilfst, diese Botschaft zu verbreiten! Bitte teile ihn in den Sozialen Netzwerken oder mache andere Betroffene via Mail auf ihn aufmerksam. Ich danke dir!
Thomas
Literaturverzeichnis
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