Reizdarm-Erfolgsgeschichte: Den gereizten Darm geheilt mit der Speziellen Kohlenhydratdiät SCD!

Weißt du eigentlich, was mich so richtig auf die Palme bringt? Gerade in den letzten Jahren musste ich leider vermehrt hören oder lesen, dass meine geliebte Spezielle Kohlenhydratdiät (SCD) nur für Betroffene von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa geeignet sei. Für die Behandlung des Reizdarmsyndroms gäbe es ja schließlich die dafür speziell konzipierte low-FODMAP-Diät. Und tatsächlich scheint letztere eine deutlich größere Lobby zu besitzen. Es existieren schließlich zahllose Bücher und Apps zur FODMAP-Strategie und sogar speziell formulierte FODMAP-arme Lebensmittel! Außerdem wird die FODMAP-Reduktion regelmäßig als die "einzige wissenschaftlich fundierte Ernährungsumstellung" beim Reizdarmsyndrom angepriesen. Dieses oft postulierte Statement ist allerdings nicht nur irreführend, sondern auch grundlegend falsch!

 

Nicht korrekt ist diese Aussage deshalb, weil etwa die glutenfreie Kost über eine mindestens ebenbürtige Datenlage zur Effektivität und Sicherheit beim Reizdarm verfügt (Hajiani et al.,2019; Vazquez-Roque et al.,2013; Wahnschaffe et al.,2007 usw.) Irreführend aber ist sie, da sie impliziert, dass keine wirksamen oder sogar wirksameren diätetischen Alternativen zur Behandlung des Reizdarms vorhanden seien. Doch ein Mangel an publizierten Studien bedeutet keinesfalls die Nicht-Existenz solcher Ernährungsprotokolle! In diesem Kontext möchte ich gern daran erinnern, dass es über vier Jahrzehnte dauern sollte, bis die oft beschriebenen Wunderheilungen der Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa durch die SCD auch endlich wissenschaftlich bestätigt werden konnten (z.B. Obih et al.,2016; Suskind et al.,2016). Dies hatte nichts mit der mangelnden Wirksamkeit der SCD, sondern in erster Linie mit ihrer fehlenden Lobby zu tun. Wer untersucht in einem durchkommerzialisierten Medizinsektor schon die Effekte einer nicht-vermarktbaren Therapiemethode, welche außerdem nur für eine überschaubare Betroffenengruppe formuliert wurde? Richtig, niemand! Vielleicht kann dieser Umstand auch den Erfolg der FODMAP-Reduktion erklären, welche von Anfang an mit der Produktion kommerziell verwertbarer Produkte verknüpft wurde?

 

Natürlich wäre es umso schöner, wenn uns auch randomisierte und kontrollierte Studien zur Bewertung der Effektivität der SCD bei der Linderung von Reizdarmbeschwerden zur Verfügung stünden. Bis es aber soweit ist, sollten wir uns auf die bereits vorhandenen Daten zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und Interventionsstudien beim Reizdarmsyndrom verlassen. Schließlich teilen der Reizdarm, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ihre Pathomechanismen. Zu diesen gehören etwa Entzündungsprozesse, ein ungünstig verändertes Mikrobiom (Darmflora-Dysbiose) und eine durchlässige Darmbarriere (oft als Leaky Gut Syndrom bezeichnet). All diese zentralen Krankheitsmechanismen werden nachweislich durch die Spezielle Kohlenhydratdiät günstig beeinflusst und teilweise sogar rückgängig gemacht (etwa Sankaran et al.,2014). 

 

Dass diese Linderung oder Heilung des Reizdarms durch die SCD aber nicht nur graue Theorie ist, beweisen eindrucksvoll einige bereits publizierte wissenschaftliche Fallstudien, von denen ich dir heute eine vorstellen möchte. Im Rahmen der beschriebenen Intervention wurde eine Frau von den Beschwerden ihres schweren Reizdarmsyndroms vollständig geheilt! Kann die viel beschworene low-FODMAP-Diät auch nur ansatzweise ähnlich beeindruckende Ergebnisse vorweisen? Sicher, ihre lindernden Wirkungen auf die RDS-Symptome sind gut belegt (Altobelli et al.,2017), doch leider hält sich das Ausmaß der zu erreichenden Verbesserungen eher in Grenzen ... 

 

Um tatsächlich Wunder zu bewirken und seine Beschwerden vollständig zu heilen, muss man wohl oder übel etwas mehr Mühe investieren! Mögen auch mehr Daten für die low-FODMAP-Diät vorhanden sein, ich habe bisher noch keine einzige ähnlich motivierende Erfolgsgeschichte mit ihr lesen oder beobachten dürfen, wie diese hundertfach über die SCD im Internet kursieren! Vielleicht kann dir die nun folgende Erfolgsgeschichte ebenfalls ein paar Impulse geben, um die SCD endlich einmal auszuprobieren und deine eigene Reizdarm-Erfolgsgeschichte zu schreiben ... 

 

Eine wundervolle Heilung des Reizdarms dank der SCD (innerhalb von knapp einem Monat!)

Grafische Darstellung der symptomatischen Verbesserungen einer Patientin mit Reizdarmsyndrom durch die Spezielle Kohlenhydratdiät. Nach 28 Tagen pegelt sich der Graph ein. Die Frau hat keinerlei Reizdarmbeschwerden mehr.
Nach dem für die ersten Wochen mit der SCD typischen symptomatischen Auf-und-Ab ("Die-Off-Phänomen") erreichte die Versuchsperson nach nur vier Wochen eine Stabilisation ihrer Reizdarmsymptome. Entnommen aus: O´Dwyer & Darville,2015.

In ihrer Fallstudie beschreiben die beiden Forscher der Austin State University, Darla O´ Dwyer und Ray Darville, wie sich eine Frau mit schwersten Reizdarmsymptomen mittels der Speziellen Kohlenhydratdiät innerhalb von nur 28 Tagen(!) vollständig von ihrem Reizdarm befreite. Die Patientin litt bereits viele Jahre unter den Auswirkungen der chronischen Darmerkrankung und klagte vor allem über starke Bauchschmerzen und unkontrollierbare Durchfälle. Aufgrund dieser Beschwerden hatte sie in der Vergangenheit ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten entwickelt. So fürchtete sie sich das Haus zu verlassen, zu reisen, sich mit Freunden zum Essen zu verabreden oder die Kirche zu besuchen. Ihre Lebensqualität war infolgedessen massiv herabgesetzt. Mit einem Schweregradscore von 315 zu Beginn der Intervention erfüllte sie die Voraussetzungen zur Kategorisierung als "schwerer Fall" der Reizdarmerkrankung (bis 300 = "moderat"; bis 175 = "mild").

 

Die Betroffene war von einer gastroenterologischen Klinik an die beiden Wissenschaftler weitergeleitet worden. Dort hatte sie die Diagnose Reizdarmsyndrom nach den ROM-III-Kriterien erhalten. Auch Alternativerkrankungen wie eine Zöliakie oder eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung waren bereits ausgeschlossen worden. Nach dem Erheben der verschiedenen Symptom-, Schweregrad- und Lebensqualitätscores wurde die Frau mit den Regeln der Speziellen Kohlenhydratdiät vertraut gemacht. Die SCD folgte hierbei ihrem ursprünglich angedachten "Phasenkonzept" - die Lebensmittel wurden schrittweise eingeführt und auch die Zubereitungsmethoden folgten einer gewissen Systematik. So wurde Gemüse anfangs nur gekocht und püriert serviert, bis es bei guter Verträglichkeit und verminderten Beschwerden auch in Stücken bzw. roh verzehrt wurde. Die Patientin befolgte die Regeln der SCD für ein halbes Jahr und führte dabei ein ausführliches Symptom- und Ernährungstagebuch. 

 

Besonders die ersten 14 Tage erwiesen sich dabei als durchaus problematisch, denn die Symptome des Reizdarms schwankten stark und schienen sich teilweise sogar erheblich zu verschlechtern. Dieses Phänomen ist jedoch typisch für die Spezielle Kohlenhydratdiät und wird im Rahmen der SCD als "Die-Off" oder "Herxheimer-Reaktion" interpretiert - also dem Absterben potentiell pathogener Darmbakterien mitsamt der Freisetzung von Endotoxinen (Lipopolysacchariden) wie es auch bei Antibiosen zu beobachten ist. Diese Erstverschlimmerung der Symptome betrifft meinen Beobachtungen nach zirka 2/3 aller SCD-Beginner und hält für etwa zwei Wochen bis zu drei Monate an. Unsere Patientin war aber durch die Forscher auf diese Komplikationen vorbereitet worden und hielt somit tapfer durch. Ab dem 14. Tag mit der SCD gab es weiterhin bessere und schlechtere Tage, allerdings streuten diese bereits um ein deutlich verbessertes Gesamtniveau. Ab der vierten Woche stabilisierten sich ihre Beschwerden vollends. Dieser beschwerdefreie Zustand hielt über den gesamten Interventionszeitraum von sechs Monaten an!

 

Ihr Reizdarm-Schweregradscore reduzierte sich von 315 ("schwerer Fall") auf 15 ("kein Reizdarmsyndrom"). Ähnliche Verbesserungen sind bisher nur durch die Stuhltransplantation (fecal microbiota transplantation, FMT) beim Reizdarm nachgewiesen worden. 

 

Über das halbe Jahr mit der Speziellen Kohlenhydratdiät entstand eine Messreihe mit 62 verwertbaren Datenpunkten. Jedes einzelne relevante Symptom unserer Reizdarm-Betroffenen hatte sich im Verlauf signifikant verbessert. Besonders stark reduzierten sich aber der drängende Stuhlgang ("Dringlichkeit"), die Blähungen, die körperliche Leistungsfähigkeit (Erschöpfung vs. Energie"), die Stuhlfrequenz und auch die Stuhlkonsistenz. Ihre Lebensqualität verbesserte sich dramatisch. 

 

Tabellarische Darstellung der symptomatischen Verbesserungen von Reizdarmbeschwerden durch die SCD. Beispiel: Stuhldrang von -3 auf 2,27; Blähungen von -3 auf 1,92; Energielevel von -3 auf 1,89 im Studienverlauf.
Zusammengestellte symptomatische Verbesserung typischer Reizdarmbeschwerden durch die SCD. Kein Symptom blieb im negativen Bereich. Am stärksten verbesserten sich Stuhldrang, Blähungen, Energielevel. Entnommen aus: O´ Dwyer und Darville,2015.

Eine Heilung des Reizdarmsyndroms ist noch nicht Wunder genug!

Na, beeindruckt? Eine wissenschaftlich dokumentierte Heilung des Reizdarmsyndroms durch die SCD innerhalb von nur 28 Tagen klingt fast zu gut, um wahr zu sein und ist sicher nur in Einzelfällen möglich, richtig? Nö! Größer angelegte und kontrollierte Studien beim Reizdarm belegen ebenfalls, dass mit einer SCD-ähnlichen Kost vollständige Beschwerdefreiheit in nur vier Wochen erreicht werden kann (bspw. Nilholm et al.,2019). 

 

Doch meine Spezielle Kohlenhydratdiät wäre eben nicht die "wundervolle SCD", wenn sie es bei einer simplen Heilung belassen würde ... (Na, habe ich dir jetzt zu dick aufgetragen?) Unsere ehemalige Reizdarm-Betroffene war nämlich auch Diabetikerin. Innerhalb von drei Monaten nahm sie nicht nur elf Pfund ab, ohne dass sie sich das vorgenommen hatte oder bewusst Kalorien reduzierte. Sie konnte auch ihre Insulingaben deutlich reduzieren! Die SCD hatte also nicht nur ihre Darmbeschwerden verbessert, sondern sie auch rundum gesünder und metabolisch effizienter gemacht. Wenn das mal kein Erfolg auf der ganzen Linie war! 

 

Wie du siehst, kann sich das Ausprobieren der SCD für dich mit einem wirklichen Wunder auszahlen! Sollte dir diese Diät vorher noch nicht begegnet sein, möchtest du nun bestimmt gern wissen, was du im Rahmen der SCD essen darfst und was eben nicht? Hierbei kann dir bei der ersten Orientierung meine SCD-Lebensmittelliste behilflich sein. Als nächsten Schritt solltest du die Investition in ein gutes Kochbuch erwägen, um die Basics des Kochens bei der SCD zu verstehen, denn natürlich lässt sich beispielsweise ein gehaltvolles Frühstück ohne Getreide etwas anders zubereiten als mit Brötchen, Müsli etc. Da das Standardwerk zur SCD "Diät bei Morbus Crohn & Colitis ulcerosa" derzeit in deutscher Sprache nicht verfügbar ist, würde ich dir meine sonstigen drei Lieblingsbücher aus diesem Kontext ans Herz legen. Prallgefüllt mit nützlichen Tipps, Hinweisen und Rezepten rund um SCD, GAPS und Paleo (die sich tatsächlich kaum unterscheiden).

 

Und nun viel Spaß beim Schreiben deiner eigenen Erfolgsgeschichte!

 


Dir hat dieser Artikel gefallen und du möchtest mehr von diesen Inhalten?

Dann würde ich mich freuen, wenn du andere Betroffene und ihre Angehörigen darauf aufmerksam machst! Nur wenn diese medizinisch wertvollen Inhalte möglichst viele Patienten erreichen, können wir die Welt für uns Darmgeplagte in kleinen Schritten in einen besseren Ort verwandeln. Verhilf anderen Notleidenden zu besserem Wohlbefinden!


Du willst das Projekt darüber hinaus unterstützen?